Deutschland ist mein Gastland. Ich habe zwei Jahre nach
meiner Pensionierung mit 65 meinen Wohnsitz aus privaten Gründen von Zürich
nach Deutschland verlegt. Hier lebe ich nun schon über zehn Jahre und verfolge
mit kritischem Interesse die Geschicke dieses Landes, wobei ich stets mit
meinem Heimatland, der Schweiz, vergleiche. Mit meinem Land bin ich nach wie
vor eng verbunden – Söhne, Töchter und Freunde. Selbstverständlich beteilige
ich mich an allen eidgenössischen Abstimmungen und Wahlen.
Meiner Art entsprechend engagiere ich mich da, wo ich lebe. An meinem früheren Wohnort in Deutschland habe ich im Auftrag der lutherischen Landeskirche – ich bin Zwinglianer – im Kreiskrankenhaus und in den Rhönkliniken Patienten besucht. Eine Aufgabe, die ich nach meinem Wechsel in die Umgebung von Heidelberg nicht wieder aufnehmen wollte; ich werde gegenüber den Kirchen zusehends kritischer. Seit den achtziger Jahren bin ich Mitglied von Exit (Deutsche Schweiz); ich bin von Ziel und Praxis überzeugt. In Deutschland bin ich konsequenterweise Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben“ (DGHS) geworden. Da die DGHS – im Gegensatz zu Exit – längst nicht so verbreitet ist, wie dies ihrer Zielsetzung nach angebracht wäre, habe ich mich als ehrenamtlicher Ansprechpartner verpflichtet, Vereinsmitgliedern und Interessenten mit Auskunft und Rat zu helfen. Im Gegensatz zu Exit bietet die DGHS ihren Mitgliedern keine Sterbebegleitung an und das ist unter den herrschenden Umständen gut und richtig. Die DGHS und somit ich, als einer ihrer Mitarbeiter möchten möglichst viele Mitmenschen anregen, sich vorausschauend mit dem Fall einer schweren, ja tödlichen Krankheit bzw. einem gleichgelagerten Unfall auseinanderzusetzen und möchten, wenn erwünscht, ihnen helfen, in einer Patientenverfügung ihren Willen gegenüber Ärzten / Kliniken / Alters-und Pflegeheimen / Hospizen, gegenüber Gerichten und auch gegenüber den Angehörigen zu dokumentieren. Die DGHS ist bereit, ihren Mitgliedern bei der Durchsetzung der Patientenverfügung beizustehen. In Deutschland ist die Patientenverfügung seit dem 01.09.2009 in Art. § 1901a BGB verankert. Die nachfolgenden Betrachtungen zum Thema „Sterbehilfe“ geben meine persönliche Sicht wieder.
Meiner Art entsprechend engagiere ich mich da, wo ich lebe. An meinem früheren Wohnort in Deutschland habe ich im Auftrag der lutherischen Landeskirche – ich bin Zwinglianer – im Kreiskrankenhaus und in den Rhönkliniken Patienten besucht. Eine Aufgabe, die ich nach meinem Wechsel in die Umgebung von Heidelberg nicht wieder aufnehmen wollte; ich werde gegenüber den Kirchen zusehends kritischer. Seit den achtziger Jahren bin ich Mitglied von Exit (Deutsche Schweiz); ich bin von Ziel und Praxis überzeugt. In Deutschland bin ich konsequenterweise Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben“ (DGHS) geworden. Da die DGHS – im Gegensatz zu Exit – längst nicht so verbreitet ist, wie dies ihrer Zielsetzung nach angebracht wäre, habe ich mich als ehrenamtlicher Ansprechpartner verpflichtet, Vereinsmitgliedern und Interessenten mit Auskunft und Rat zu helfen. Im Gegensatz zu Exit bietet die DGHS ihren Mitgliedern keine Sterbebegleitung an und das ist unter den herrschenden Umständen gut und richtig. Die DGHS und somit ich, als einer ihrer Mitarbeiter möchten möglichst viele Mitmenschen anregen, sich vorausschauend mit dem Fall einer schweren, ja tödlichen Krankheit bzw. einem gleichgelagerten Unfall auseinanderzusetzen und möchten, wenn erwünscht, ihnen helfen, in einer Patientenverfügung ihren Willen gegenüber Ärzten / Kliniken / Alters-und Pflegeheimen / Hospizen, gegenüber Gerichten und auch gegenüber den Angehörigen zu dokumentieren. Die DGHS ist bereit, ihren Mitgliedern bei der Durchsetzung der Patientenverfügung beizustehen. In Deutschland ist die Patientenverfügung seit dem 01.09.2009 in Art. § 1901a BGB verankert. Die nachfolgenden Betrachtungen zum Thema „Sterbehilfe“ geben meine persönliche Sicht wieder.
Die mir vorgelegte Frage „Sollte der ärztlich assistierte
Suizid legitimiert werden?“ empfinde ich als aus dem Zusammenhang
herausgerissen. Ich setze daher bei der Frage ein, ob und wie „Sterbehilfe“,
d.h. die Beihilfe zum freiverantwortlichen Suizid möglich ist bzw. erweitert
werden soll. „L’exercice de
notre ultime liberté devient de plus en plus difficile“. (Quelle: “arte”
– siehe weiter unten). „La médecine peut-elle être une forme de tyrannie?“. Die
Frage stellen, heißt sie beantworten.
Deutschland tut sich grundsätzlich schwer bei der Sterbehilfe.
Der deutsche Staat sieht sich immer noch als Obrigkeit, der für seine
Bürgerinnen und Bürger sorgen und daher auch sagen muss, was diese dürfen oder
eben nicht. Die jüngere Deutsche Geschichte hat u.a. das Kainsmal der
„Euthanasie“: systematische Morde an geistig und / oder körperlich behinderten
Kindern und Erwachsenen zur Zeit des Nationalsozialismus als Teil der
nationalsozialistischen „Rassenhygiene“. Es stellt sich die Frage, ob die, die
Sterbehilfe mit Euthanasie zu verknüpfen versuchen, wirklich nicht wissen, dass
das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Aber damit kann hierzulande schon
der Beginn einer Diskussion abgewürgt werden. Es kommt drittens noch dazu, dass
Deutschland noch längst nicht ein säkulares Staatswesen ist. Die Präambel im
Grundgesetz: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“
vermeidet den Begriff „christlich“. Jedoch haben die Kirchen immer noch großen
Einfluss: evangelische bzw. katholische Kitas, Kindergärten, Schulen und – um
die geht es hier – Kliniken / Pflegeheime / Hospizen prägen Deutschland. Zudem:
Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht – auch als
Selbstbestimmungsrecht bezeichnet – prägt besondere arbeitsrechtliche
Regelungen für Mitarbeiter der Kirchen und kirchennaher Organisationen, die
sich erheblich von den für sonstige Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen
unterscheiden – hiervon betroffen sind ÄrztInnen und Pflegepersonal. Dennoch,
die katholische und die evangelische Kirche sprechen nicht für die
Gesamtbevölkerung; ihr Anspruch, wie früher über richtig und falsch zu
entscheiden, geht fehl.
Als Argument gegen den begleiteten Suizid (Sterbehilfe)
wird die Gefahr beschworen, dass dann alle Dämme brechen würden, dass Menschen
zuhauf so ihr Leben beenden würden. Ähnlich lautende Befürchtungen sind auch
bei der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgebracht worden. [grundsätzlich
rechtswidrig, bleibt aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei (§ 218 a
Abs.1, § 219 StGB – doch sind hier „keine Dämme gebrochen“. Die Sterbehilfe
betreffend widerlegt ein Blick in die Schweiz solche Flut-Behauptungen
eindeutig. Überhaupt ist es angezeigt, bei dieser Diskussion auf die Schweiz zu
verweisen und nicht niederländische oder belgische Szenarien zu beschwören –
auch wenn diese beiden Länder in der EU sind.
Von Seiten der Kirchen – Kardinal Reinhard Marx: „Gebt
uns die Sterbenden“ (F.A.Z.) – wird die Vorstellung lanciert, dass Hospize
Sterbenden einen würdigen Tod schenken können. „Denn das ist das große
Versprechen der Palliativmedizin und -pfleger: die Symptome nahezu aller
Patienten, denen Schmerzen Sinn und Verstand rauben, so lindern zu können, dass
sie wieder fähig werden, selbstbestimmt die letzten Schritte ihres Lebensweges
zu gehen und diesen Weg weder von eigner noch von fremder Hand abkürzen
möchten“ („F.A.Z.“). Jedoch - dieses Versprechen kann die Palliativmedizin
grundsätzlich nicht einlösen. Warum? Morphin- oder Fentanyl-Dosen, die „nahezu
allen Patienten, denen Schmerzen Sinn und Verstand rauben“, diese Schmerzen
nehmen sollen, verunmöglichen diesen Menschen „selbstbestimmt die letzten Schritte ihres Lebensweges zu gehen“. Selbstbestimmt heißt nach Duden:
„eigenständig, eigenverantwortlich, nach eigenem Willen“. Menschen mit solchen
Morphiumdosen sind nahezu unfähig zu denken und sich dementsprechend zu äußern.
Schon vor mehr als vier Jahren schrieb die Deutsche Ärztezeitung, dass der
flächendeckende Ausbau palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen (Hospize)
dringend erforderlich sei. „Denn dann wird der Ruf nach aktiver Sterbehilfe
wohl hoffentlich endgültig verhallen“. Heute wird das Sterben in Hospizen gegen
den begleitenden (assistierten) Suizid ausgespielt, wohlwissend dass es viel zu
wenige Hospize gibt, dass das Geld für die dringend benötigten Hospize gar
nicht vorhanden ist und, vor allem, dass das Sterben sehr wohl ein Einschlafen
sein kann, wie beim begleiteten Suizid, aber auch ein schreckliches Verrecken.
Umfragen haben eine große Zustimmung ergeben zur aktiven
Sterbehilfe, d.h. zur Tötung auf Verlangen. Es fragt sich, mit welchen Motiven
solche Umfragen lanciert worden sind. ‚Tötung auf Verlangen‘ ist in Deutschland
(§ 216 StGB) wie in der Schweiz (Art. 114 StGB) eine Straftat und das ist
richtig so und muss so bleiben. In der Schweiz steht auch die Verleitung und
Beihilfe zum Selbstmord aus selbstsüchtigen Beweggründen unter Strafe (Art.115
StGB). Diese Umfragen sind abwegig und waren und sind einer sachlichen
Diskussion nicht dienlich. Aber prompt ist Professor Doktor Frank Ulrich
Montgomery, seit 2011 Präsident der Bundesärztekammer darauf angesprungen,
indem er die ‚Sterbehilfe‘ der ‚Tötung auf Verlangen‘ gleichsetzt.
Die Beihilfe zum freiverantwortlichen Suizid ist in
Deutschland, wie in der Schweiz straffrei, da dieser selbst keinen
Straftatbestand darstellt. Auch früher war Selbsttötung nicht strafbar, aber
von den Kirchen geächtet. Die Toten mussten, ohne kirchlichen Segen, außerhalb
der Friedhofsmauern beerdigt werden. Nun, es nützt nichts, wenn in Deutschland
Beihilfe zur Selbsttötung straffrei ist. Warum? Menschen, die ihrem Leben ein
Ende bereiten wollen, können sich nur vor den Zug werfen, von einem Haus /
einer Brücke ins Leere stürzen, Erhängen, Erschießen, Ertränken, Ersticken,
Vergiften, Verbrennen oder sie rasen mit dem Auto in eine Mauer usw. Sind sie
schwer krank, ja todeskrank oder sonst wie immobilisiert, so sind sie
blockiert.
Der Arzt kann selbst schwer- bzw. todkranken Menschen
nicht helfen. Das verhindert das von Herrn Montgomery 2011 durchgesetzte, von
der Bundesärztekammer erlassene Totalverbot jeder ärztlichen Beihilfe zum
Freitod (Friedrich Nietzsche: „Vom freien Tode“). Hier muss Remedur geschaffen
werden. Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. März 2012 ist
das Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung und v.a. der Gewissensfreiheit
des Arztes mit einem uneingeschränkten, ausnahmslosen Verbot der ärztlichen
Suizidhilfe nicht vereinbar (mit Berufung auf Art. 4, Abs.1 GG und Art.12, Abs.
1GG). Selbstverständlich ist kein Arzt dazu verpflichtet, er kann, aber er muss
nicht Sterbehilfe leisten. Aber es ergibt sich noch ein weiteres Problem
hierzulande. Wie kann ein Arzt Sterbehilfe leisten? Bei einem Exit-Freitod muss
ein Arzt das Rezept ausstellen (tödliche Dosis: 15 Gramm Pentobarbital-Natrium
(Phenobarbital, Luminal). Das Barbiturat überbringt die Exit-Freitodbegleiterin
am Tag des vereinbarten Suizids; diese muss bei der Einnahme durch den
Patienten anwesend sein. Nach meinem Wissen verbietet das deutsche
Betäubungsmittelgesetz (BtMG) einem Humanmediziner die Verschreibung dieser
Dosis. Tierärzte hingegen können mit diesem Wirkstoff Tiere einschläfern [Dosis
= f(Tiergewicht)]. Wenn also in Deutschland der ärztlich assistierte Suizid
ermöglicht werden soll, dann müsste, meiner Erkenntnis nach, auch das
Betäubungsmittelgesetz geändert werden.
Der Fernsehsender Arte hat am 30.11.2014 einen Beitrag
zur Sterbehilfe ausgestrahlt, in der Raphaël Enthoven, Professor für
französische Philosophie mit Bernard-Marie Dupont diskutiert. „Bernard-Marc
Dupont, né le 11 février 1951, est médecin universitaire, professeur de
philosophie et juriste, spécialisé dans l’éthique médicale, connu pour ses
prises de position en faveur du développement des soins palliatifs“ (Quelle:
„Arte“). Die interessanteste Äußerung von Professeur Dupont betrifft den „Hippokratischen
Eid“: Hippokrates von Kos (um 460 v. u. Z.) habe die Medizin als ‚Kunst der
Begleitung‘ verstanden. Erst viel später, als Folge des Humanismus, sei die
Medizin als ‚Kunst des Heilens‘ interpretiert worden. Dieser Eid ist erstmals rund
500 Jahre nach Hippokrates vom römischen Arzt Scribonius Largus (1. Jh. n. u.
Z.) formuliert worden. Er verbietet ausdrücklich aktive Sterbehilfe.
Allerdings, „in Deutschland werden weder der Eid noch das „Genfer Gelöbnis“
nach der Approbation verpflichtend abgeleistet“ (Quelle: „Wikipedia“). Die ‚Genfer
Deklaration‘ des Weltärztebundes von 1948 („Genfer Gelöbnis“) ist eine zeitgemäße
Version des „Eids des Hippokrates“; sie wurde mehrfach revidiert, letztmals
2006. Sie enthält keinerlei konkrete Bezüge, weder zur aktiven Sterbehilfe
geschweige denn zum begleiteten (assistierten) Suizid. Nach der Feststellung,
dass heute 80% der Menschen im Spital sterben wirft Professeur Dupont die Frage
auf, wie weit der Tod eines Menschen, der über Schläuche und Kabel mit
Maschinen und Messgeräten verbunden sei, überhaupt noch Ausdruck des freien
Willens sein könne. Dieser Gedanke weist auf die Bedeutung einer klar
formulierten ‚Patientenverfügung‘ hin. Damit ist das Spannungsfeld zwischen
Patient und Arzt aufgezeigt.
Es gilt der Grundsatz, dass jeder Arzt das Recht hat,
seinem Selbstverständnis folgend, eine Unterstützung beim Suizid abzulehnen.
Vice versa aber hat jeder Patient das Recht, im Voraus zu bestimmen, wie er
behandelt werden soll, welche Eingriffe und Maßnahmen zu unterlassen sind und
zwar auch zu dem Zeitpunkt, da er selber nicht mehr ansprechbar ist. Jeder
Mensch hat auch das Recht, im Falle einer schweren, sein Leben
beeinträchtigende Erkrankung bzw. im Falle einer tödlichen Krankheit – bzw.
Unfallfolgen - selbstbestimmend seinem Leben in Würde ein Ende zu setzen und
dafür einen Arzt zu suchen, der ihm - ohne rechtliche bzw. standesrechtliche
Konsequenzen - nach sorgfältigen
Abklärungen das dafür notwendige Rezept ausstellt.
La question du choix ultime doit-elle faire
l’objet d’une loi?”
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