Haupttext – Chronologie:
3.) „Der hochmobile Islamist“
Wir erinnern uns:
So titelten Deutsche Zeitungen und die „NZZ am Sonntag“:
19.03.2016 –
„Abdeslam-Festnahme Sind Belgiens Terrorfahnder totale Amateure?“ – Welt.de
22.03.2016 –
„Terroranschlag in Brüssel: Haben belgische Behörden versagt?“ – Web.de
22.03.2016 –
„Terror-Anschläge in Brüssel | Das Versagen der Antiterror-Behörden ...“ –
Bild.de
23.03.2016 – „Belgien und
der Terror Ein Königreich für Islamisten“ – Tagesspiegel
24.03.2016 – "Die
Franzosen schütten uns zu mit Daten" – Süddeutsche.de
15.06.2016 – „ISIS-Terror
und Hooligan-Hass | So versagt Frankreichs Polizei“ – Bild.de
05.07.2016 – „Anschläge in
Paris: Die Geheimdienste sind gescheitert" – Zeit Online
17.07.2016 – „Terror in
Frankreich: «Da wurde jahrelang geschlampt»“ – NZZ am Sonntag
17.07.2016 – „Attentat von
Nizza: Französische Terror-Warn-App versagt beim ersten Härtetest“ – Focus.de
Nun, aktuell zu Anis Amri:
Wir lesen in der führenden
deutschen Zeitung, der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („F.A.Z.“):
1.) „Italien Mutmaßlicher Attentäter Anis Amri in
Mailand erschossen“
“F.A.Z.” vom Freitag, den 23.12.2016;
Video-Link: http://www.faz.net/aktuell/politik/italien-mutmasslicher-attentaeter-anis-amri-in-mailand-erschossen-14589164.html .
2.) „Anschlag von Berlin Generalbundesanwalt bestätigt
Tod Amris“
„F.A.Z.“ vom Freitag, den 23.12.2016, von Jörg Bremer,
Rom, und Anna-Lena Ripperger
„Der mutmaßliche Berliner Attentäter Anis Amri ist in
Mailand getötet worden. Er war bei einer Routinekontrolle aufgefallen und hatte
ohne Vorwarnung das Feuer auf Polizisten eröffnet. Die Ermittlungen
konzentrieren sich nun auf mögliche Unterstützer.“
Machen Sie mit bei
der Umfrage:
„Ist den deutschen
Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri etwas vorzuwerfen?“
„Sie haben eine ganz klare Meinung. - Wie sehen es Ihre
Freunde?“
Interessant: Die Leser der „Welt“ sind Weicheier: sie sie
sehen keinerlei Versagen der Deutschen Behörden.
Ganz anders die Leser der führenden deutsche Zeitung, der
Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („F.A.Z.“): Sie sehen ein deutliches Versagen
der deutschen Sicherheitsbehörden;
verantwortlich
Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern.
Umfrage- / Text-Link:
3.) „Der hochmobile Islamist“
„F.A.Z.“ vom Freitag, den 23.12.2016, Politik 3; von
Jasper von Altenbockum, Christoph Ehrhardt und Eckart Lohse
"Anis Amri wurde schon in seiner Heimat Tunesien
straffällig, dann auch kurz nach seiner Ankunft in Italien, schließlich kam er
mit dem Flüchtlingsstrom im Sommer 2015 nach Deutschland, wo schieflief, was
nur schieflaufen kann.
Der dringende Tatverdacht gegen den Tunesier Anis Amri,
den Terroranschlag in Berlin verübt zu haben, hat sich am Donnerstag noch
einmal erhärtet. Bundesinnenminister Thomas de Maizière bestätigte, dass die
Fingerabdrücke Amris an einer der Türen des Lastwagens gefunden wurden, den der
Tunesier am Montagabend in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche
gesteuert hatte. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erließ Haftbefehl.
Zunächst war eine Geldbörse im Fond des Lastwagens gefunden worden. Sie
enthielt eine Bescheinigung über die Duldung des Aufenthalts in Deutschland,
die Asylbewerber bekommen, wenn ihr Antrag abgelehnt wurde, sie aber zunächst
nicht abgeschoben werden können. Wie der nordrhein-westfälische Innenminister
Ralf Jäger (SPD) am Mittwoch in Düsseldorf mitgeteilt hatte, lag das daran,
dass die tunesischen Behörden gegenüber der Ausländerbehörde im Kreis Kleve
bestritten hätten, Amri sei Tunesier. Weigert sich ein Staat, einen abgelehnten
Asylbewerber zurückzunehmen, kann er nicht abgeschoben werden.
Die Ausländerbehörde in Kleve war seit 2015 für das
Asylverfahren Amris zuständig. Wie er dorthin kam, ob ihm der Ort zugewiesen
worden war oder ob er ihn von sich aus gewählt hatte, ist noch unklar. Sicher
ist, dass die Einreise Amris nach Deutschland im Juli 2015 in Freiburg
registriert wurde. Dass er damals nicht, wie im Asylrecht eigentlich
vorgeschrieben, in die Staaten zurückgewiesen wurde, über die er nach
Deutschland gekommen war, mutmaßlich über Italien und Österreich, lag daran,
dass sich damals schon das „Durchwinken“ von mutmaßlichen Flüchtlingen
eingebürgert hatte. Amri hielt sich allerdings schon seit Jahren in Europa auf
– seit 2011, als er über Lampedusa nach Italien gekommen war. Italien könnte jetzt
auch die Fingerabdrücke Amris abgeglichen haben, die in Berlin nachgewiesen
wurden. Denn sie wurden Amri in Italien abgenommen, weil er dort straffällig
und 2013 zu einer vierjährigen Haft verurteilt worden war – wegen Diebstahls,
Brandstiftung und Körperverletzung.
Schon nach zwei Jahren kam Amri frei, wurde aber nicht
abgeschoben – aus demselben Grund wie ein Jahr später: weil die Papiere
fehlten. Sporadisch hielt Amri aber Kontakt zur Heimat. Einer seiner Brüder
berichtete dem tunesischen Sender „Jahwra“, er habe noch vor ein paar Wochen
mit Anis gesprochen. Dass es ihm gutgehe, habe der ihm zuletzt gesagt. Dass er
arbeite, dass er im Januar nach Tunesien zurückkommen wolle. Zumindest dass er
„arbeite“, stimmte nicht ganz, je nachdem, was Amri unter Arbeit verstand. Die
Familie des mutmaßlichen Attentäters lebt in Oueslatia im Gouvernorat Kairouan,
einem kleinen Nest im seit je vernachlässigten Landesinneren von Tunesien. Anis
Amri wuchs dort auf. In seiner Duldungsbescheinigung wird der viel weiter im Süden
im Grenzgebiet zu Libyen liegende Ort Tataouine als sein Geburtsort angegeben.
Nach der Geburt zog die Familie nach Oueslatia.
„Ich habe nicht gespürt, dass er sich verändert hat“,
sagt Walid, ein anderer der Brüder. Ihm sei nicht aufgefallen, dass in seinem
Bruder extremistisches Gedankengut heranwuchs. Ähnliches ist von anderen
Geschwistern zu hören. Anis Amri sei im Frühjahr 2011 doch nur nach Europa
gegangen, um Arbeit zu finden, heißt es. Er soll nicht einmal besonders
religiös gewesen sein. Nachbarn berichten der tunesischen Presse dagegen, Amri
sei ein Verbrecher. Auch aus den Justizbehörden heißt es, dass ihm bei einer
Rückkehr eine langjährige Haftstrafe wegen schweren gewalttätigen Raubes
gedroht hätte. Im Jahr 2010 soll Amri einen Lastwagen gestohlen haben. Zur
Festnahme kam es aber nicht, weil sich Amri nach Italien absetzte.
Damals, angesichts der Wirren, war das für einen Tunesier
das Naheliegendste, nicht nur geographisch. Gegenüber der tunesischen liegt die
italienische Küste, die kürzeste Route führt nach Sizilien. Erst Jahre später
nutzten viele Migranten aus Nordafrika die Balkan-Route, weil diese zu einer
leicht nutzbaren Hauptstrecke Richtung Europa geworden war und die Flüge von
Nordafrika nach Istanbul billig sind. So spart man die gefährliche
Mittelmeerüberfahrt.
Ging es Amri in Europa wirklich um Arbeit? Offenbar wurde
er sehr schnell wieder straffällig. Sein Vater erzählte jetzt, dass er nach
seiner Ankunft in Italien in einen Diebstahl und einen Brandanschlag an einer
Schule verwickelt gewesen sei. Offenbar war das eine größere Sache, denn Amri
war deshalb zu jener vierjährigen Haft in Palermo verurteilt worden. Sein Vater
behauptet, er sei zwar schon vorher gewalttätig gewesen, sei aber erst im
Gefängnis in Italien in Kontakt mit Islamisten gekommen und habe sich dort
radikalisiert. Geld habe Amri jedenfalls keines aus Europa geschickt, sagt der
Vater. „Nicht einen Millime“, sagte er dem Radiosender „Mosaïque“. Er habe
keinen Kontakt gehabt; alle drei, vier Monate habe sich sein Sohn aber bei
seinen Geschwistern oder seiner Mutter gemeldet. Sein Sohn habe die Schule
abgebrochen, sagt der Vater, und habe Gelegenheitsjobs angenommen.
Ein junger Krimineller aus dem marginalisierten Innern
des Landes, ein Schulabbrecher aus einfachem, konservativem Elternhaus, ein
Jugendlicher ohne Hoffnung – das klingt nach der klassischen Klientel der
dschihadistischen Hassprediger. In Tunesien verschwimmen in den vom Schmuggel
lebenden Grenzregionen die Grenzen zwischen Mafia und Dschihadisten – es hat
sich ein „Islamo-Gangstertum“ herausgebildet. Es deutet zwar vieles darauf hin,
dass die Radikalisierungskarriere des Anis Amri erst in Europa Fahrt aufnahm.
Als die tunesischen Salafisten die unruhigen Jahre nach dem Sturz des Diktators
und die Nachsicht der regierenden Islamisten nutzten, um die tunesische Jugend
zu indoktrinieren und Andersdenkende zu terrorisieren, hatte er sich schon auf
den Weg über das Mittelmeer gemacht. Aber den Grundstein, die Wurzel für
Kriminalität, Wut und Entfremdung, dürfte seine Herkunft gelegt haben.
Nach der vorzeitigen Haftentlassung konnte Amri 2015
offenbar ungehindert aus Italien nach Deutschland gelangen, zunächst nach
Freiburg, wo er registriert wurde, ohne dass diese Vorgeschichte und die
Fingerabdrücke aus Italien bekanntgewesen wären. Für Amri gab es kaum
Aussichten auf Asyl – Tunesien hat eine minimale Anerkennungsquote. Da Tunesien
aber nicht als sicheres Herkunftsland galt und noch immer nicht gilt – das
scheitert bis heute am Widerstand von SPD und Grünen im Bundesrat –, wurde das
Asylverfahren ganz normal eingeleitet. Das übernahm die Ausländerbehörde in
Kleve. Angesichts der Vielzahl von Asylsuchenden und der Überlastung der
Behörden war es nicht ungewöhnlich, dass Amri schon annähernd ein Jahr in Deutschland
lebte, bis er im April dieses Jahres einen Asylantrag stellte. Der Asylbescheid
kam dann im Juni dieses Jahres – wie nicht anders zu erwarten: negativ.
Amri kam in einer Zeit, als der Flüchtlingsstrom Richtung
Deutschland bereits stark gestiegen war, Politik und Behörden allerdings noch
nicht konsequent auf den Ansturm reagiert hatten. Die Registrierung von
Flüchtlingen war lückenhaft. Viele bewegten sich im Land, ohne dass die
Behörden davon wussten. Amri wurde zwar angeblich registriert, hatte aber keine
Papiere dabei, wie viele Asylsuchende. Eine Registrierung im sogenannten
Easy-System erfolgt ohnehin zunächst nicht mit Namen. Amri soll sich erst als Ägypter
ausgegeben haben. Dann wurde aber bei einer Befragung klar, dass das nicht
stimmen konnte – solche Täuschungsversuche können nach den Reformen des
Asylrechts zum Abbruch des Verfahrens führen. Damals war das nicht möglich.
Einen Monat nach dem Ablehnungsbescheid, am 30. Juli,
soll Amri bei einer Routinekontrolle in Friedrichshafen aufgegriffen worden
sein. Er kam in Ravensburg in Abschiebehaft. Da es Hinweise gibt, dass er nicht
nur einmal von Italien nach Deutschland kam, sondern sich anschließend noch
zwischen beiden Ländern bewegt haben könnte, ist es denkbar, dass er damals auf
dem Weg nach Italien war. Nach nur zwei Tagen wurde er aber wieder aus der Haft
in Ravensburg entlassen, weil die Ausländerbehörde in Kleve über den Stand der
Dinge Auskunft gegeben hatte – Abschiebehaft ist nicht zulässig, wenn die
Abschiebung mangels Papieren vorläufig nicht vollzogen werden kann. Ohnehin ist
sie nur befristet möglich (in diesem Fall wäre das bis Ende August gewesen). Es
folgte also die Ausstellung der Duldungspapiere, die jetzt im Lastwagen in
Berlin gefunden wurden. Seither bemühte sich die Ausländerbehörde in Kleve um
einen Passersatz – also Ausweisdokumente, die eine Abschiebung möglich gemacht
hätten. Sie trafen aus Tunesien aber erst am Mittwoch dieser Woche ein.
Schon zum Zeitpunkt des Asylbescheids war den
Sicherheitsbehörden bekannt, dass sich Amri unter Falschnamen in Deutschland
bewegte. Was die Daten zu seiner Person angeht, so ist manches für die
Sicherheitsbehörden aber offenbar noch immer nur schwierig zu verifizieren.
Noch am Mittwochnachmittag, als Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die
Präsidenten der Sicherheitsbehörden die Mitglieder des Innenausschusses über
den Stand der Ermittlungen informierten, gab der innenpolitische Sprecher der
Unionsfraktion, der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer, das Alter des Tunesiers mit
„21 oder 23“ an. Wenige Stunden später, als der Generalbundesanwalt Amri
europaweit zur öffentlichen Fahndung ausschrieb, teilte er mit, der Mann sei 24
Jahre alt. 178 Zentimeter soll er groß sein, etwa 75 Kilogramm wiegen, schwarze
Haare und braune Augen haben. Auf dem Fahndungsplakat werden allein sechs
andere Identitäten aufgeführt, mal änderte er den Namen, mal die Nationalität,
mal den Geburtsort, mal das Geburtsdatum.
Innenminister Jäger sagte schon am Mittwoch, der Tunesier
sei „hochmobil“ gewesen – offenbar in jeder Beziehung und nahezu ungehindert.
Zuletzt, seit Februar, also noch vor seinem Asylbescheid, habe er seinen
Lebensmittelpunkt in Berlin „gesucht“ und sei nur für „kurze Unterbrechungen“
wieder in Nordrhein-Westfalen gewesen, sagte Jäger. Dort soll er zuletzt in der
Asylbewerberunterkunft in Emmerich gemeldet gewesen sein, die am Donnerstag von
der Polizei durchsucht wurde.
Die „kurzen Unterbrechungen“, von denen Jäger sprach,
könnten sich auf Aufenthalte in Nordrhein-Westfalen beziehen, über welche die
„Ruhr Nachrichten“ am Donnerstag berichteten. In Dortmund soll Amri zeitweise
bei dem Deutschserben Boban S. untergekommen sein. Die Zeitung berichtet, Zeugen
hätten ihn dort zuletzt vor rund zehn Monaten gesehen. Boban S. ist seit dem 8.
November in Haft, weil er laut der Generalbundesanwaltschaft im Verdacht steht,
den „Islamischen Staat“ (IS) zu unterstützen. Er gehörte zum salafistischen
Netzwerk um den Prediger „Abu Walaa“ aus Hildesheim, zu dem auch Amri Kontakt
gehabt haben soll. In dessen Kreis soll er laut „Focus“ auch von
Attentatsplänen gesprochen haben. Der Verfassungsschutz beobachtete die Gruppe
seit langem – überführt werden konnte die Gruppe und ihr Anführer nur mit Hilfe
von V-Leuten des Verfassungsschutzes.
„Abu Walaa“ gilt als Chefrekrutierer des IS in
Deutschland, gegen sein Netzwerk ging die Polizei in Niedersachsen und in
Nordrhein-Westfalen vor. Im Juli fand in Niedersachsen eine umfangreiche Razzia
statt. Der Prediger und vier der Mitglieder seiner Moscheegemeinde wurden dann
im November in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen festgenommen. Eines der
Mitglieder der festgenommenen Terrorgruppe soll die zwei jungen Männer, die im
April dieses Jahres ein Sprengstoffattentat auf einen Sikh-Tempel in Essen
begangen hatten, mit Dschihad-Ideologie indoktriniert haben. Von diesen
jugendlichen Attentätern gibt es wiederum Querverbindungen zu den Salafisten um
Abou Nagie und dessen salafistischer „Lies!“-Aktion; die Organisation wurde
kürzlich erst verboten.
Nach der Festnahme des Hasspredigers „Abu Walaa“ und
dessen Gefährten sagte Innenminister Jäger Anfang November in Düsseldorf: „Uns
ist ein empfindlicher Schlag gegen Chefideologen der salafistischen Szene in
Deutschland gelungen.“ Die Festnahme sei das Ergebnis guter Zusammenarbeit der
Landeskriminalämter in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und der
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Nur einen Monat später hatten die
Sicherheitsbehörden Anis Amri aber aus den Augen verloren.
Wegen seiner salafistischen Kontakte stand Amri schon
lange vor seinem Asylbescheid im Sommer dieses Jahres unter Beobachtung. Er
galt bei den Sicherheitsbehörden der Länder seit Februar dieses Jahres als
„Gefährder“. Etwa 550 solcher Gefährder führen die Sicherheitsbehörden,
allerdings hält sich nur etwa die Hälfte von ihnen in Deutschland auf, von
diesen sind wiederum gut ein Drittel im Gefängnis. Das Landeskriminalamt in
Nordrhein-Westfalen strengte beim Generalbundesanwalt ein Verfahren wegen des
Verdachts einer staatsgefährdenden Straftat an. Amri soll nach Mittätern für
Anschläge gesucht haben. Er wurde deshalb von März bis September dieses Jahres
auch von der Berliner Polizei observiert. Das beruhte auf Informationen, wonach
er einen Einbruch plane, um Geld für den Kauf von Waffen zu erbeuten.
Observierung und Abhörmaßnahmen brachten aber keine Hinweise. Die Beobachtung
wurde deshalb im September beendet. Unklar ist bislang, warum Amri anschließend
im November noch einmal Gegenstand einer Besprechung im Gemeinsamen
Terrorabwehrzentrum der Sicherheitsbehörden wurde, obwohl er schon nicht mehr
beobachtet wurde. Möglich wäre der Zusammenhang mit der Gruppe um „Abu Walaa“.
Unklar ist auch, warum sich Amri in Deutschland trotz all
dieser Erkenntnisse und Ermittlungen so lange so frei bewegen konnte. Das
Aufenthaltsgesetz sah zwar bis vor kurzem für abgelehnte Asylbewerber weder
Wohnsitzpflicht noch Residenzpflicht vor. Seit November 2016 gilt aber eine
Wohnsitzpflicht für den „gewöhnlichen Aufenthalt“. Das wäre für Amri Emmerich
gewesen. Eine Meldepflicht besteht aber auch jetzt nicht – nur wenn Geld- oder
Sachleistungen ausgehändigt werden, muss sich der Geduldete in der für ihn
zuständigen Kommune aufhalten. Ausnahmen, die eine Residenzpflicht möglich
machen, hätten aber auch schon früher gemacht werden können. Gründe gab es
dafür im Fall Anis Amri mehr als genug. Im Aufenthaltsgesetz heißt es: „Weitere
Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.“
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