Einseitige Sanktionen widersprechen der Neutralität der Schweiz
Eine unparteiische Haltung zeigt sich darin, dass nicht mit dem Mainstream zusammen kommentiert, vorverurteilt und sanktioniert wird. Gerade in Anbetracht der Flugzeugtragödie in der Ukraine wird klar, wie wichtig die Qualität „Zurückhaltung“ für ein neutrales Land ist. Der Bundesrat darf sich auf keinen Fall dazu verleiten lassen, im Fahrwasser der machtpolitischen Akteure USA und EU mit zu schwimmen. Ist es Aussenminister Burkhalter ernst ist mit einer Schweizer Vermittlerrolle? Dann darf er unser Land weder auf die Seite Russlands oder der prorussischen Separatisten stellen, noch auf diejenige der Ukraine, der EU und der USA. Einseitige Sanktionen wären neutralitätswidrig und würden eine Vermittlerrolle unnötig gefährden.
Die Lage in Bürgerkriegsregionen ist (per Definition) komplex und undurchsichtig. Das Beispiel Ukraine offenbart, wie dynamisch und unvorhersehbar sich solche Konflikte entwickeln. Der tragische Abschuss eines Zivilflugzeuges führt uns vor Augen, wie schnell landesinterne Spannungen in ein internationales Drama führen können. Unsere Social-Media-Kultur verleitet gar manchen, rasch zu kommentieren und ein Urteil abzugeben. Dies gefällt auch Teilen unserer ‚classe politique‘. Was für eine Gelegenheit, sich selbst im Namen der Schweiz auf der internationalen Bühne zu präsentieren und gross zu machen!
Was hingegen verlangt die umfassende Neutralität? Sie verpflichtet die Regierung in der Aussenpolitik zur Unparteilichkeit und Nichteinmischung. Zurückhaltung ist dabei unerlässlich. Qualitäten wie „Geduld“ und „Diskretion“ sind gefragt. Die Zusammenarbeit muss weiter mit allen beteiligten Akteuren möglich sein. Man muss bereit sein, mit allen zu reden. Diese umfassende Neutralität schützt die Schweiz einerseits vor einer Einbindung in internationale Konflikte. Andererseits ermöglicht sie unser humanitäres Engagement und diplomatische Vermittlungsbemühungen. Wer glaubwürdig und vorausschauend unparteiisch ist, wird respektiert und erlangt das Vertrauen aller Konfliktparteien.
Wenn unsere Politik sich parteiisch, vorschnell und vorverurteilend äussert, begibt sich die Schweiz – nach dem Motto „mitgegangen-mitgehangen“ – in das geopolitische Fahrwasser globaler Akteure wie der USA und der EU. Noch schlimmer sind die Folgen, wenn sie einseitige Sanktionen mitträgt. Der Bundesrat hat daher jegliches Kommentieren zu unterlassen und auch keine einseitigen „diplomatischen Signale“ zu senden. Um im konkreten Fall helfen zu können oder für eine friedliche und diplomatische Lösung des Konfliktes einzutreten, darf sich unsere Regierung nicht von der EU in Sanktionen einbinden lassen. Warum? Die EU ist in diesem machtpolitischen Spiel eindeutig Partei.
"SVP-Bulletin" vom 23.07.2014
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