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23/2012 vom 04.06.2012:
23/2012 vom 04.06.2012:
Der Spiegel online, 04.06.2012
U-Boote für Israel Die deutsche Atom-Lüge
Eine Kolumne
von Jakob Augstein
Jetzt ist es
raus: Der SPIEGEL hat enthüllt, dass Deutschland an der atomaren Aufrüstung im
Nahen Osten eine Mitschuld trägt. Das ist ein gutes Geschäft, aber schlechte
Politik - denn sie gefährdet die Sicherheit der gesamten Region.
Im Jahr 2002 hat
Gerhard Schröder gesagt: "Israel bekommt das, was es für die
Aufrechterhaltung seiner Sicherheit braucht." Das war falsch. Richtig muss es lauten: Israel bekommt das, was es
will. Und dafür muss Israel nicht einmal zahlen.
SPIEGEL-Recherchen haben einen Verdacht
erhärtet, den es lange gab: Die Israelis
rüsten U-Boote, die ihnen die Deutschen gebaut und zum Teil auch finanziert
haben, nuklear auf. Damit trägt Deutschland Mitschuld an der
Aufrüstung im Nahen Osten. Günter Grass
lag eben doch richtig, als er vor Wochen vor der nuklearen Bedrohung warnte,
die von Israel für den Nahen Osten ausgehe. Den ganzen Umfang der deutschen
Beteiligung an dieser Bedrohung kannte Grass noch gar nicht.
Das schlechte
Gewissen und das gute Geschäft: Bei der Bewaffnung Israels geht es um beides.
Es ist eine absurde Folge der deutsch-jüdischen Geschichte, dass die Deutschen
ihre Verbrechen am jüdischen Volk mit einer Politik wettmachen wollen, die in
Wahrheit dieses Volk den größten Gefahren aussetzt. Auch durch deutsche
Mithilfe schwebt die atomare Gefahr über Israel. Jede israelische Bombe, jedes
deutsche U-Boot,
das Atomwaffen abschießen kann, erhöht den Druck auf Iran und die arabischen
Nachbarstaaten, selbst zum Mittel der nuklearen Aufrüstung zu greifen. Die
iranische Atompolitik ist die Antwort auf die israelische Bombe. Wenn Israel
und Iran sich eines Tages nuklear bewaffnet gegenüberstehen, ist das auch eine
Folge deutscher Politik.
Wenn Jerusalem
anruft, beugt sich Berlin
Aber für
Deutschland rechnet sich das Geschäft mit der atomaren Bedrohung. Und eine
bessere Tarnung für die Interessen der Rüstungsindustrie als das schlechte
deutsche Gewissen kann es nicht geben.
Denn wenn es um
Israel geht, gilt keine Regel mehr: Politik, Recht, Ökonomie - wenn Jerusalem
anruft, beugt sich Berlin dessen Willen. Die deutschen Rüstungsexportregeln
sind ohnehin gedruckte Heuchelei. Keine Waffen in Krisenregionen? Dann könnte
der Rüstungsexport einpacken. Von Dänemark und Holland werden deutsche
Waffenschmiede nicht satt.
Aber Israel ist ein
besonderer Fall. Hier geht es um U-Boote, die zu Nuklearwaffen aufgerüstet
werden können. Von denen haben die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg die
Finger gelassen. Die Skrupel reichten jedoch nicht so weit, sich zu weigern,
den Israelis den atomaren Weg zu ebnen. Erst haben die Deutschen Hunderte von
Millionen überwiesen, die angeblich zur Entwicklung einer atomar betriebenen
Meerwasser-Entsalzungsanlage verwendet werden sollten. Später haben sie U-Boote
hintergeschickt, von deren möglicher Bewaffnung sie angeblich nichts wussten.
Neulich hat die
Linksfraktion im Bundestag nachgefragt, wie teuer die U-Boote den Steuerzahler
kommen und was man über deren Bewaffnung wisse. Die Regierung sprach in der
Antwort nur von den 135 Millionen Euro, mit denen sich Deutschland an den
Kosten eines einzelnen U-Boots beteilige. Und sie sagte, man würde eine
Lieferung von Trägersystemen für Nuklearwaffen nicht genehmigen. Und dann
folgte noch einer von diesen Sätzen, für die das jiddische Wort Chuzpe erfunden
wurde: "Die Bundesregierung tritt entschieden für die Nichtverbreitung von
Nuklearwaffen ein."
Das Geld kommt
aus Deutschland
Die Antwort der
Bundesregierung ist ein Beispiel dafür, wie das Verschweigen der Wahrheit einer
Lüge gleichkommt. Denn in Wahrheit hat Deutschland den Bau von bislang sechs
Schiffen mit mehr als einer Milliarde Euro subventioniert, die ersten beiden
Schiffe wurden einfach verschenkt, und auch für das sechste Schiff wird die
Zahlung des israelischen Anteils erst einmal gestundet - was am Ende bedeuten
wird, dass das Geld aus Deutschland kommt.
Die Regeln der
guten Haushaltspolitik und der marktwirtschaftlichen Ordnung, auf die sich die Merkel-Regierung gerne beruft, sind außer Kraft
gesetzt. Pech für die Schlecker-Frauen: Mit Putzmitteln und
Körperpflegeprodukten lässt sich kein Krieg führen. Würde der Staat Israel für
die Durchsetzung seiner machtpolitischen Interessen auf Zahnpastatuben setzen
und nicht auf Atomraketen, die berufliche Zukunft von rund 13.000 Drogistinnen
wäre sicher.
Die Regierung
Merkel hat einmal kurz versucht, von den Israelis so etwas wie eine
Gegenleistung für die deutsche Großzügigkeit zu erlangen: die Siedlungspolitik
sollte geändert werden, Gaza solle die Genehmigung erhalten, ein von Deutschland
finanziertes Klärwerk fertig zu bauen, und die eingefrorenen Steuergelder der
Palästinensische Autonomiebehörde sollten freigegeben werden.
Als die Israelis
mit dem Lachen fertig waren, haben sie die palästinensischen Steuergelder
freigegeben. Das war's.
Weitere
Artikel zum gleichen Thema:
Spiegel
online 04.06.2012
U-Boot-Basar Deutschland
Spiegel
online 03.06.2012
Link: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/lieferung-deutscher-u-boote-an-israel-provoziert-kritik-a-836715.html
Link: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/lieferung-deutscher-u-boote-an-israel-provoziert-kritik-a-836715.html
Heikler U-Boot-Deal mit Israel
Rhoenblicks Kommentar:
Danke, dass im
Spiegel endlich Klartext gesprochen wird, über dieses unverantwortliche Verhalten
Deutschlands. Deutschland als Ganzes, als Land - jeder Deutsche! - wird dafür
verantwortlich gemacht werden, wenn diese U-Bootlieferungen
(mit-)verantwortlich sein werden für einen Krieg in Nahost, der sich ohne weiteres
zu einem dritten Weltkrieg entwickeln kann.
An und für sich ist
die deutsche Regierung - zurzeit Frau Merkel et al. - direkt dafür
verantwortlich. Erstaunlich aber die Tatsache, dass keine deutsche Partei, kein
deutscher Politiker sich je dagegen aufgelehnt hat. Günther Grass sei Dank,
dass er mit seinem Gedicht diesen verantwortungslosen, den Weltfrieden
gefährdenden Sachverhalt angeprangert hat.
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