Für fast alle Fälle gerüstet
"NZZ", vom Mittwoch, 22. August, 19:00
Die Vorbereitung der Novemberabstimmung ist unüblich: Die Bundesbüchlein
werden gedruckt, bevor feststeht, ob über die Abgeltungssteuerabkommen
überhaupt abgestimmt wird.
fon. Bern Die
Abstimmung vom kommenden 25. November stellt die Bundeskanzlei vor logistische
Herausforderungen. Der Bundesrat hat fünf Referendumsvorlagen auf die Agenda
gesetzt: die umstrittenen Abgeltungssteuerabkommen mit Deutschland, Österreich
und Grossbritannien, das Gesetz über die internationale Quellenbesteuerung
sowie das Tierseuchengesetz. Das Hauptproblem der Bundeskanzlei liegt darin,
dass derzeit noch ungewiss ist, über welche der Vorlagen tatsächlich abgestimmt
werden wird. Bisher steht einzig fest, dass das Referendum gegen das
Tierseuchengesetz zustande gekommen ist. Bei den anderen vier Vorlagen läuft
die Referendumsfrist noch bis am 27. September.
Klarheit am 1. Oktober
Dass der Bundesrat
die Volksabstimmung anordnet, bevor das Referendum zustande gekommen ist, ist
unüblich. Der Grund liegt darin, dass die vom Parlament im Sommer
gutgeheissenen Steuerabkommen bereits am 1. Januar 2013 in Kraft treten sollen
und somit aufgrund der gesetzlichen Fristen nur der November als
Abstimmungstermin infrage kommt. Nebst der Aktion für eine unabhängige und
neutrale Schweiz (Auns) haben auch die Jungsozialisten und die Junge SVP das
Referendum gegen die drei Steuerabkommen ergriffen. Es wäre keine Überraschung,
wenn die je erforderlichen 50 000 Unterschriften zustande kommen würden, zumal
auch weitere Gruppierungen wie beispielsweise die Lega dei Ticinesi
Unterschriften beisteuern. Gegen das Quellensteuergesetz, das die Umsetzung der
Steuerabkommen regelt, hat sich bis anhin offiziell kein Widerstand formiert.
Die Bundeskanzlei kann allerdings nicht ausschliessen, dass auch gegen diese
Vorlage Unterschriften gesammelt werden.
Wie
Bundesratssprecher André Simonazzi am Mittwoch vor den Medien ausführte, will
die Bundeskanzlei möglichst schnell Klarheit schaffen. Innert vier Tagen nach
Ablauf der Referendumsfrist sollen die eingegangenen Unterschriften – mit einem
personellen und zeitlichen Sondereffort – geprüft werden. Am Montag, dem 1.
Oktober, soll feststehen, über welche Vorlagen im November abgestimmt wird.
Beschwerde ist möglich
Die
Abstimmungserläuterungen werden allerdings bereits vor dem 1. Oktober gedruckt;
der Bundesrat hat deren Inhalt am Mittwoch genehmigt. Da die Produktion der
über fünf Millionen Exemplare zeitaufwendig ist, die Unterlagen laut Gesetz
mindestens drei Wochen vor dem Urnengang bei den Stimmberechtigten und
entsprechend früher bei Kantonen und Gemeinden eintreffen müssen, kann damit
nicht bis im Oktober zugewartet werden. Da der Bundesrat aus finanziellen und
ökologischen Gründen nur eine Version der Erläuterungen produzieren lassen
will, werden darin alle fünf Vorlagen abgehandelt – auch wenn über sie am Ende
eventuell gar nicht abgestimmt wird. Die Stimmzettel werden laut Simonazzi
hingegen korrekt abgefasst sein; sie werden erst nach dem 1. Oktober gedruckt.
Der ganze schöne
Zeitplan könnte indes ins Wanken geraten, falls die Bundeskanzlei bei der
Kontrolle der Unterschriften zum Schluss käme, dass bei einer der
Referendumsvorlagen das Quorum knapp nicht erreicht worden sei. Gegen diese
Verfügung könnte dann nämlich Beschwerde beim Bundesgericht geführt werden.
Würde das Quorum deutlich verfehlt, wäre dies indes nicht möglich.
Nutzen wir Schweizerinnen
und Schweizer unsere Möglichkeiten, die die Deutschen nicht haben – unterzeichnen
wir das Referendum gegen das Steuerabkommen mit Deutschland. Zeigen wir unserem
Bundesrat, dass er sorgfältiger, selbstsicherer und auf unsere Interessen ausgerichteter
Staatsverträge mit Deutschland - oder Frankreich - aushandelt.
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