Donnerstag, 13. September 2012

Die Niederlande wählen die Stabilität

Frei nach Beat Ammann, Amsterdam, NZZ vom 13.09.2012
  
 Bei den Parlamentswahlen vom Mittwoch haben die Niederländer gemässigte Parteien gestärkt. Die neue Regierung wird wie die bisherige europafreundlich sein. Sie will aber nicht weiter für die Griechen bezahlen - siehe unten

Das Resultat in den Niederlanden entsprach den Prognosen: Die niederländische Wählerschaft will eine stärkere, stabilere Regierung. Das ist eine der leicht ablesbaren Botschaften des Resultats der Neuwahl der grossen Kammer des niederländischen Parlamentes. Es war zum fünften Mal seit 2002, dass die Niederländerinnen und Niederländer am Mittwoch wählen mussten.
Nun scheint im niederländischen Parlament Stabilität einzukehren: Die beiden stärksten Parteien vom Rest abgehoben: Die liberalkonservative Partei VVD des bisherigen Ministerpräsidenten Rutte gewann 10 Sitze hinzu (neu: 41 von total 150 Sitzen). Der Gewinn der Sozialdemokraten (PvdA) von  9 Mandaten (nun 39 Sitze), ist vor allem auf den neuen Parteivorsitzenden Diederik Samsom zurückzuführen, Dieser wird hohe Forderungen erheben, sollte Rutte mit ihm zusammen regieren wollen. Es ist auch nicht Gesetz, dass die stärkste Partei den Ministerpräsidenten stellt. Samsom kann also durchaus danach streben, selber Chef der nächsten Regierung zu werden. Die Sozialdemokraten gehörten der bisherigen Regierung Rutte nicht an.

Der von den Umfragen zu Beginn des Wahlkampfes verheissene Aufstieg der Sozialisten (SP) unter ihrem jugendlich-unverbraucht wirkenden Chef Emile Roemer ist ausgeblieben. Die SP stagnierte bei 15 Sitzen; sie ist sehr EU-kritisch. Die bisher drittstärkste Partei, die PVV des Rechtsaussen Geert Wilders, verlor 9 Mandate (15); Wilders hat gegen den Islam agitiert und damit Unruhe ins Land gebracht. Mit nur noch 15 Mandaten kann er die künftige niederländische Regierung in ihren Entscheiden nicht mehr von sich abhängig machen – das ist gut so. Die bisher viertstärkste Partei – die Christlichdemokraten – büsste 8 Sitze ein (13). Ein weiterer einstiger Aufsteiger, die Grün-Linke verlor sieben ihrer bisher zehn Mandate.

Fazit: Die Zersplitterung der politischen Landschaft mit instabilen Koalitionen von drei oder mehr Parteien scheint gestoppt zu sein und das ist gut so.

Die Niederlande sind ein grosser Netto-Zahler in der EU und einer der wenigen Staaten, die noch ein Triple-A-Rating geniessen. Die Wählerschaft will zweifellos nicht als Melkkuh der Union missverstanden werden. Der bisherige Ministerpräsident Rutte, der Chef der VVD und der Sieger der gestrigen Wahl, hatte im Wahlkampf denn auch stets gesagt, er wolle nicht weiter für die Griechen bezahlen. Doch ist den pragmatischen Niederländern anscheinend klar, dass offene EU-Feindschaft Unsinn wäre für eine Handelsnation, die 75 Prozent ihrer Exporte in Partnerländer der Union verkauft.

Die Sozialdemokraten setzen eher auf einen auf Wachstum gerichteten Kurs, wie ihn auch der französische Präsident François Hollande vertritt. Samsom sagte in Amsterdam vor hunderten Anhängern, das Land brauche «so schnell wie möglich eine stabile Regierung» und die Arbeiterpartei sei bereit, daran teilzunehmen. Die Rechtsliberalen setzen auf eine drastische Sparpolitik. Die von ihnen geführte Koalition war im April zerbrochen, als die sie stützende Wilders-Partei PVV einem Sparhaushalt ihre Zustimmung verweigerte.

Bis zur Regierungsbildung könnten allerdings noch Wochen vergehen.

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