Ein wegweisender Entscheid: Die WAK sagt Nein!
Vgl. Artikel
„Steuerabkommen mit Deutschland – kein Nachverhandeln!“
Frei nach Markus
Häfliger, Bern – NZZ vom 11.09.2012 und Hansueli Schöchli, Bern – NZZ vom
13.09.2012:
„Bundesrat und Parlament markieren Härte im Steuerstreit mit Berlin“
„Ja zur Rasterfahndung“
(A) Wegweisender Entscheid der WAK
WAK = "Kommission für Wirtschaft und Abgaben" der eidgenössischen Parlamente (Legislative)
WAK-Nationalrat und WAK-Ständerat
WAK = "Kommission für Wirtschaft und Abgaben" der eidgenössischen Parlamente (Legislative)
WAK-Nationalrat und WAK-Ständerat
Am Montagabend, 10. September 2012 um 21 Uhr verkündete WAK-Kommissionspräsident
Christophe Darbellay den Entscheid:
(1) Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) will
mit 18 gegen 7 Stimmen Gruppenanfragen ermöglichen, indem die Worte «im
Einzelfall» aus dem Entwurf des Steueramtshilfegesetzes gestrichen werden. Die
SVP-Fraktion war dagegen. Sie lehnt grundsätzlich die neuen OECD-Standards ab. Gruppenanfragen seien
nicht abzugrenzen von «Fischzügen», begründet SVP-Nationalrat Caspar Baader.
(2) In der
zweiten, umstritteneren Frage entschied sich die WAK für die harte Linie:
Gruppenanfragen sollen erst ab Inkrafttreten des Gesetzes zulässig sein –
voraussichtlich ab dem 1. Januar 2013. «Es gibt keine Rückwirkung», sagte
Darbellay. „Eine 2. Nachverhandlung sehe ich gar nicht. Sie würde uns
erpressbar machen“. Text einer E-Mail.
Um dieses Datum und eine allfällige Rückwirkung war in
den letzten Tagen eine Debatte entbrannt.
Einzelne Akteure meinten, das Abkommen mit Berlin
„retten“ zu müssen indem Gruppenanfragen bereits am dem 18. Juli 2012, also
rückwirkend hingenommen werden sollten. Für dieses Nachgeben gegenüber den
Linken-Polterer Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück, dem Kavalleristen votierte
dem Vernehmen nach etwa das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen
im Departement Widmer-Schlumpf (siehe F.A.Z.-Gespräch mit Michael Ambühl –
unten). Auch Nationalrat Ruedi Noser (fdp., Zürich) sowie Bankenvertreter
plädierten für den 18. Juli 2012 - vergeblich. SP und Grüne waren für maximale
Rückwirkung. Haben die da bedacht, was sie sagten? Ihre Genossen in
Deutschland sprachen nicht von einer Rückwirkung auf den 18. Juli 2012 sondern
auf den
1. September 2011 oder zumindest auf den 1.
Juli 2012. Zudem wollte die
SPD noch eine Reihe weiter Punkte behandeln. (Süddeutsche Zeitung vom 12.9.2012). Dem Grünen Dr. Thomas Gambke aus
Bayern (MdB) genügte nicht einmal der bisher erörterte Termin vom 1.
Januar 2011. Er stellt sich eher 2007 oder 2008 vor. Auch ein Physiker muss als Politiker etwas
von Rechtssicherheit verstehen.
Sie, die oben erwähnten Akteure überhörten sachliche
Stimmen wir die der deutschen Bundes-Justizministerin, Frau Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger von den Freien Demokraten (FDP), die gegenüber der
Süddeutsche Zeitung (Bayern) feststellte: „Deutschland
braucht das Steuerabkommen“ (02.09.2012).
Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf hatte in den
letzten Tagen keine Stellung genommen. Sie überlasse den Entscheid «bewusst»
dem Parlament, liess sie ihren Sprecher noch vor wenigen Tagen sagen. In der
WAK-Debattierrunde kam Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf doch zur Einsicht. «Sie
selber hat der Kommission beantragt, dass es keine Rückwirkung gibt», sagte
Kommissionspräsident Darbellay von der CVP.
Hier ist der Hinweis angebracht auf ein „Gespräch“ von Michael Ambühl, Schweizer
Finanzstaatssekretär und Verhandlungsführer für das Steuerabkommen mit
Jürgen Dunsch von der Frankfurter Allgemeine Zeitung“, unter dem Titel Aus
Singapur kommt mehr Geld als umgekehrt erschienen am 12.09.2012:
"Aufgrund der bisherigen Beratungen im Parlament will die Schweiz
künftig Gruppenanfragen ohne Namensnennung ermöglichen, allerdings erst von
2013 an. Bleibt es dabei? Damit würde ein Zusatzinstrument gegen die
„Abschleicher" fehlen.“
Die Schweiz hat der
Änderung des OECD-Standards bezüglich Gruppenanfragen am 17. Juli 2012
zugestimmt. Zuerst muss das Schweizer Parlament aber noch die nötigen
gesetzlichen Grundlagen schaffen. Dies wird in den nächsten Monaten
geschehen."
"Gibt es noch
Spielraum für Zugeständnisse an Deutschland?
Die Schweiz wird nach den Zugeständnissen im April keine weiteren
Verhandlungen führen, auch nicht über die
Steuersätze in der rückwirkenden Abgeltungssteuer."
(B) Verhandlungen des Nationalrates am
Mittwoch, 12.09.2012
Nationalrat (NR) eine der beiden gleichberechtigten Kammern der Legislative der schweizerischen Eidgenossenschaft
Die andere Kammer der Legislative ist der Ständerat
Nationalrat (NR) eine der beiden gleichberechtigten Kammern der Legislative der schweizerischen Eidgenossenschaft
Die andere Kammer der Legislative ist der Ständerat
NR-Beschluss: In
der Steueramtshilfe kann die Schweiz künftig auch Auskünfte auf ausländische
Gruppenanfragen ohne Namensnennung geben. (130 zu 54 Stimmen) Voraussichtlich
gilt dies für Tatbestände ab Anfang 2013. (Eine Rückwirkung ist ausgeschlossen
– siehe oben). Demnach sind auch bei
ausländischen Gruppenanfragen auf Basis von Verhaltensmustern und damit ohne
Angabe von Namen mutmasslicher Steuersünder Auskünfte zu geben.
Die SVP ist als einzige Fraktion dagegen, dass die
Schweiz die neuen OECD-Standards übernimmt. Laut dem Zürcher SVP-Nationalrat
Hans Kaufmann geht es bei Gruppenanfragen um «Fischzüge», welche auch
Unschuldige umfassten und abzulehnen seien. Diese Befürchtung kann – bedenkt
man die Praxis der deutschen (zum Beispiel beim Doppelbesteuerungsabkommen CH-D
(DBA), Art. 19) – sich sehr wohl bestätigen.
Immerhin steht fest: Die massgebenden OECD-Papiere
sind unklar, erwähnen zur Illustration aber einige Beispiele. Daher hatte
der Bundesrat für die Wirtschaftskommission (WAK) in einem Papier die
Abgrenzung zwischen Gruppenanfragen, welche künftig eine Auskunftspflicht nach
sich ziehen, und den von der Schweiz nach wie vor abgelehnten «Fischzügen»
(pauschale Anfragen ohne konkrete Verdachtsmomente) erklärt. Grob gesagt: Die
Anfrage «bitte nennt uns alle deutschen Kunden mit UBS-Konto» gälte weiter als
Fischzug und wäre nicht zu beantworten, während die Formulierung «alle deutsche
UBS-Kunden, die ein typischerweise zur Steuerhinterziehung missbrauchtes
Finanzprodukt gekauft haben» schon eher zu beantworten wäre. Die Grenzen
sind aber fliessend und auch veränderbar. Mehrere Nationalräte betonten, dass
am Ende wohl die Gerichte entscheiden müssten. Dennoch hatte die WAK darauf
verzichtet, konkretere Formulierungen ins Amtshilfegesetz zu schreiben, weil
sonst neue Unklarheiten entstünden. Das ist sehr gut bedacht: Ein „Katalog“
kann per se nicht umfassend, abschliessend sein. Da werden unsere
Gerichte(!) entscheiden müssen.
Auch ausserhalb der SVP war keine Begeisterung zu
spüren. Angesagt war eher eine Kombination aus «Schritt in die richtige
Richtung» (links/grün) und «Die Schweiz muss sich wohl oder übel den
OECD-Standards anpassen» (bürgerlich). Laut Finanzministerin Eveline
Widmer-Schlumpf wird die Schweiz nun noch jene wenigen Doppelbesteuerungsabkommen
anpassen müssen, die Amtshilfe ausdrücklich auf den Einzelfall beschränkt
haben.
Das Amtshilfegesetz ist für die Schlussabstimmung im
Parlament bereit
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