Rhoenblicks Kommentar:
Und wieder
fasst die „Weltwoche“ ein heisses Eisen an, das - leider - in anderen Zeitungen
praktisch nicht abgehandelt wird; über das somit in der Schweiz Unkenntnis
besteht. Die schweizerischen Parlamentarier sind darüber zu orientieren, sonst
ist es möglich, dass die die eigenen Landsleute schädigende Motion des
Sozialdemokraten Fehr noch angenommen wird.
Die
deutschen Finanzämter, Finanzgerichte und der deutsche Bundesfinanzhof (BFH)
sind unverfroren; sie kümmern sich einen Deut um das Doppelbesteuerungsabkommen
(DBA) mit der Schweiz. Das wissen die Verantwortlichen im Eidgenössisches
Departement für
auswärtige Angelegenheiten (EDA) und im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) schon längst, aber sie verschweigen es, sie kuschen vor Deutschland! „Das Kaninchen vor der Schlange“ titelt zum Thema Steuerabkommen Schweiz-Deutschland die NZZ den Artikel von René Zeller (24.11.) in dem wörtlich steht; „Der Bundesrat agiert mit gebeugtem Rücken“; von Bittgängen ist die Rede, die „nicht geeignet sind das eidgenössische Rückgrat zu begradigen“. So verhält sich der Bundesrat, so verhält sich die eidgenössische Verwaltung immer, wo es um deutsche Anmassung geht.
auswärtige Angelegenheiten (EDA) und im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) schon längst, aber sie verschweigen es, sie kuschen vor Deutschland! „Das Kaninchen vor der Schlange“ titelt zum Thema Steuerabkommen Schweiz-Deutschland die NZZ den Artikel von René Zeller (24.11.) in dem wörtlich steht; „Der Bundesrat agiert mit gebeugtem Rücken“; von Bittgängen ist die Rede, die „nicht geeignet sind das eidgenössische Rückgrat zu begradigen“. So verhält sich der Bundesrat, so verhält sich die eidgenössische Verwaltung immer, wo es um deutsche Anmassung geht.
Deutschland ist das einzige Land, das sich nicht an
das mit der Schweiz ausgehandelte DBA hält.
Von den
deutschen Finanzämtern bis zum Bundesfinanzhof wird auch der Art. 19 DBA
konsequent missachtet. Durch geschickte Urteilsfällung verhindern die Deutschen
die Anrufung des im DBA vorgesehenen Verständigungsverfahrens (Art. 26). In
anderen Fällen hat sich der BFH in Wild-West-Manier über das Resultat der
Verständigungsverhandlungen zwischen dem deutschen Bundesfinanzministerium
(BMF) und dem EDF hinweggesetzt. Die Schweizer Kantone anderseits halten sich
bei Deutschen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, korrekt und konsequent
an das DBA. Wozu haben wir ein Departement für Finanzen, ein solches für
auswärtige Angelegenheiten, wenn diese Schweizer, die vom deutschen Staat
finanziell misshandelt, einfach im Regen stehen gelassen werden?
Gut, dass die Deutschen das Steuerabkommen selbst gefällt
haben. Dieses hätte ein weiteres Betätigungsfeld deutscher Rechtswillkür
geöffnet.
Die NZZ spricht ihrerseits eine klare Sprache in Bezug auf das deutsche Verhalten gegenüber dem Steuerabkommen Schweiz - Deutschland und rügt den schweizerischen rückgratlosen Bundesrat.
Ich bin beiden Zeitungen sehr dankbar für ihre klare Darstellung der Lage.
Der Bundesrat und mit ihm seine Verwaltung müssen jetzt mit allen Mitteln gegen das Fehlverhalten der deutschen Finanzämter, Finanzgerichte und des deutschen Bundesfinanzhofes antreten.
Steuern: Lohn geht direkt an den deutschen Staat
„Weltwoche“ vom 22. November 2012, verfasst von
Florian Schwab.
Auch Schweizer im Ausland
profitieren von der Personenfreizügigkeit, heisst es. Wirklich?
Die
Personenfreizügigkeit war für die Schweizer Lufthansa-Piloten eine gute
Nachricht. Endlich brauchten sie keine deutsche Arbeitsgenehmigung mehr. Viele
Schweizer Piloten verlegten ihren Wohnsitz in die Schweiz, wo ihre Familien
leben, und behielten am Lufthansa-Sitz in Frankfurt lediglich ein sogenanntes
Stand-by-Zimmer, um sich nach Interkontinentalflügen auszuruhen. Ihr Einkommen
versteuerten sie fortan zu Hause.
Was zunächst eine
Verbesserung mit sich brachte, entwickelte sich danach zu einem Albtraum. Der
Grund: Den deutschen Steuerbehörden sind das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
und die Personenfreizügigkeit egal, wenn es darum geht, die Kassen des Staates
zu füllen.
Die Weltwoche
hat den Fall zweier Familienväter aus der Deutschschweiz eingesehen, die im Mai
2009 Post vom deutschen Finanzamt erhielten. Betreff: «Einleitung eines
Steuerstrafverfahrens». Nennen wir die beiden Betroffenen Martin Kunz und Reto
Scholl. Rückwirkend auf zehn Jahre sollten sie ihr in der Schweiz bereits versteuertes
Einkommen in Deutschland noch einmal versteuern - ein Verstoss gegen das DBA.
Das Finanzamt kundschaftete ihr Vermögen in der Schweiz aus und veranschlagte
grosszügig: Selbst der Handwerksbetrieb von Kunz’ Eltern wurde als Einkommensquelle
angenommen und «Aushilfstätigkeit für den elterlichen Betrieb» mit 5000 Euro jährlich
veranschlagt. Auch die Verzinsung des Schweizer Bankkontos wurde grosszügig
geschätzt.
Mit Zins (6
Prozent) und Zinseszins belief sich die Rechnung im Falle von Kunz auf
445 831.35 Euro, zahlbar innert dreissig Tagen. Er legte Einspruch ein, worauf
ihm das Finanzamt für die Dauer des Verfahrens die Zahlung erliess. Nach
zermürbenden Jahren musste der Staat schliesslich auf den Grossteil verzichten.
Es
bleiben 1000 Euro
Weniger gut erging
es Scholl. Obwohl sich die Fälle bis aufs Haar gleichen, nutzte ein anderes
Finanzamt trotz hängiger Einsprache seinen Ermessensspielraum und veranlasste
eine Lohnpfändung. Seither geht sein Lohn direkt an den deutschen Staat, bis
auf etwas mehr als 1000 Euro. Unter diesen Bedingungen kann Scholl seiner
Arbeit nicht mehr nachgehen. Er ist arbeitsunfähig, und die juristische
Verteidigung ist teuer. An seiner Lage hat auch nichts geändert, dass das
Finanzgericht des Bundeslandes Hessen im April 2012 in einem anderen Fall
entschied, das Bestehen eines Standby-Zimmers begründe «keinen Wohnsitz in
Deutschland».
Mehr als 75 500
Schweizer arbeiten in Deutschland, ein Teil von ihnen sind Grenzgänger. Ihnen
drohen unter Umständen ähnlich einschneidende steuerliche Probleme. Sogar eine
regelmässig genutzte Hotelunterkunft in Deutschland kann sich als Steuerfalle
erweisen.
In dem Zusammenhang
ist es brisant, dass jüngst Nationalrat Hans-Jürg Fehr (SP) in einer Motion
verlangte, dass die Schweiz dem Strassburger Übereinkommen für gegenseitige
Amtshilfe in Steuersachen beitreten möge. Der deutsche Staat könnte seine
Steuern damit in der Schweiz durchsetzen und Vermögen in der Schweiz
konfiszieren lassen.
Die Schweizer
Piloten in Deutschland haben sich vor längerer Zeit zu einer Interessengemeinschaft
zusammengeschlossen, welche auch für Betroffene ausserhalb der Aviatik offensteht
(igfbm@gmx.ch).
Das Kaninchen vor der Schlange
„NZZ“ vom 24. November 2012, verfasst von René Zeller.
Muss die Schweiz umdenken,
weil sich die giftige deutsche Opposition dem mit der Schweiz ausgehandelten
Steuerabkommen widersetzt? Dazu besteht kein Anlass. Notwendig ist aber, dass
die Landesregierung ihre Rolle als brave Bittstellerin abstreift.
Das
innerdeutsche Hufgetrappel übertönt zurzeit vieles. In Berlin hat die
Länderkammer gegen das mit der Schweiz ausgehandelte Steuerabkommen votiert. So
sei es.
Wer
meint, damit sei das ausgeklügelte Konzept einer Abgeltungssteuer schicklich
beerdigt worden, liegt allerdings falsch. Richtig ist vielmehr, dass die
Schweiz mit Grossbritannien und Österreich sinngemässe Abkommen abgeschlossen
hat. Sie sind nach dem gleichen Muster aufgebaut wie der von der deutschen
Opposition verschmähte Staatsvertrag. Wer in jenen Staaten steuerpflichtig ist
und Vermögenswerte auf einer Schweizer Bank deponiert hat, soll diese regulär
zuhanden seines Heimathafens versteuern. Der Mechanismus sieht vor, dass die
von Banken und Eidgenössischer Steuerverwaltung zu vollziehende Besteuerung
rückwirkend und auch künftig gilt. Grossbritannien und Österreich halten dieses
Vorgehen für zielführend. Ergo treten die mit diesen beiden Ländern
abgeschlossenen Steuerabkommen auf Anfang 2013 in Kraft. Das ist die positive
Nachricht, die den in Berlin säbelrasselnd zelebrierten Starrsinn konterkariert.
Ein Plebiszit hätte geholfen
Vergessen
geht angesichts der oppositionellen Buhrufe aus Deutschland auch, dass an
diesem Wochenende eigentlich der Schweizer Souverän am Zug gewesen wäre. Gegen
alle drei Steuerabkommen war das Referendum angestrengt worden. Die schillernde
Allianz aus Jungsozialisten, Legisten und Isolationisten brachte allerdings die
notwendigen Unterschriften nicht fristgerecht zusammen. Das ist
demokratiepolitisch bedauerlich, und zwar in dreifacher Hinsicht: Erstens haben
mehrere Gemeindekanzleien bei der amtlichen Beglaubigung der
Unterschriftenbögen in nicht entschuldbarer Weise geschlampt. Zweitens hätte
ein Nein zum Referendum das Modell der Abgeltungssteuer gehärtet. Drittens wäre
der Bundesrat bei einem positiven Volksentscheid mit gestärktem Rückgrat aus
der direktdemokratischen Ausmarchung hervorgegangen.
Leider,
muss man konstatieren, kam das Volk nicht zu Wort. Denn der Bundesrat agiert
mit gebeugtem Rücken.
Was
veranlasst die Schweizer Regierung, auf dem internationalen Parkett für die
Abgeltungssteuer zu werben, als sei sie eine Bittstellerin? Die Schweiz hat
ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hat ein Steuermodell entwickelt, das tauglich
ist. Zwar kritisieren notorische Besserwisser, es sei unwürdig, dass die
Schweizer Banken künftig für fremde Steuervögte arbeiten müssten. Die Vorteile
wiegen diesen Makel aber bei weitem auf. Die Schweiz löst das berechtigte
Erfordernis ein, keine unversteuerten Gelder mehr in hiesigen Banktresoren zu
dulden. Handkehrum erfüllt die Abgeltungssteuer den ebenso legitimen Anspruch
auf Privatsphäre. Anders gesagt: Das Bankgeheimnis wird nicht vollends
geschreddert.
Es
ist lohnenswert, für eine solche Lösung zu kämpfen. Auch im Gegenwind, der von
links bläst. Dass die Schweizer Genossen traditionsgemäss mit dem Bankgeheimnis
nichts anfangen können, ist bekannt. Die sozialdemokratische Wortführerin
Susanne Leutenegger Oberholzer spricht ebenso konsequent wie böswillig vom
«Steuerhinterziehungs-Geheimnis» – als seien auf dem Finanzplatz Schweiz ausschliesslich
Delinquenten tätig. Auch die Grünen sind den Banken nicht grün. Ein Faktum ist
aber auch, dass weder der Gesetzgeber noch das Schweizervolk dem Bankgeheimnis
die rote Karte gezeigt haben. Diese Realität muss dem Bundesrat als Richtschnur
dienen. Im Inland und im Ausland.
Den Polterern die Stirn bieten
Welches
Vorgehen ist also geboten? Zunächst gilt es, im Machtpoker mit Deutschland die
Proportionen zurechtzurücken. Die Anwürfe der sozialdemokratischen Polterer
müssen benannt werden: Wer glaubt, von Hehlern gestohlene Bankdaten kaufen zu
müssen, macht sich unglaubwürdig. In diese Kategorie einzuordnen ist der
nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Wer die Schweizer
Banken kollektiv in den Dunstkreis der organisierten Kriminalität rückt,
verspielt seinen politischen Kredit. Das gilt für den dreisten SPD-Chef Sigmar
Gabriel. Im Vergleich zu ihm ist sein Parteifreund Peer Steinbrück ein
Minnesänger, auch wenn er in die Schweiz reiste, um gegen ebendiese Schweiz für
viele Fränkli Reden zu schwingen.
Wer
nicht wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren will, darf nicht permanent
schweigen. Jedoch: Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf schweigt seit
Monaten. Sie stellte sich offenkundig auf den Standpunkt, dass eine Intervention
im Vorfeld der deutschen Entscheidfindung nicht opportun gewesen wäre. Das mag
vielleicht zutreffen. Konsequenterweise hätte sie dann allerdings ihren
Staatssekretär Michael Ambühl nicht nach Berlin schicken dürfen, um die
Abgeltungssteuer vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags zu
verteidigen. Auch der Bittgang des Schweizer Spitzendiplomaten nach Stuttgart
war nicht geeignet, das eidgenössische Rückgrat zu begradigen. Dass man sich
unter souveränen Staaten auf Augenhöhe begegnet, weiss man zumindest in
Deutschland. Man stelle sich vor: Vertrauensleute von Angela Merkel oder
Wolfgang Schäuble reisten nach Altdorf oder Glarus, um bei den dortigen
Kantonsbehörden für ein deutsches Anliegen zu lobbyieren. Undenkbar.
Bundesrat
in der Brandung
Finanzministerin
Widmer-Schlumpf ist immerhin zugutezuhalten, dass sie nach der Ratifizierung
der Steuerabkommen durch die eidgenössischen Räte erklärte: «Es gibt keine
Nachverhandlungen.» Daran wird sie zu messen sein.
Wie
ein Fels in der deutschen Brandung steht die Schweizer Position leider nicht.
An Gerüchten, dass gegenüber Berlin weitere Konzessionen gemacht werden
könnten, fehlte es nicht. Die Bundespräsidentin hielt es nicht für nötig,
solche Mutmassungen zu zerstreuen. Das kommunikative Vakuum auf politischer
Seite veranlasste Wortführer der Wirtschaft, in die Rolle von
«Regierungssprechern» zu schlüpfen: Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta
glaubt zu wissen, die Schweiz werde den eingeschlagenen Weg unabhängig von
Deutschland weitergehen. Der Präsident der Bankiervereinigung, Patrick Odier,
ist sich sicher, dass weitere Länder auf das Angebot der Abgeltungssteuer
einsteigen würden. Ob die Abgeltungssteuer Zukunft hat, entscheiden allerdings
nicht Bankenvertreter, sondern die Politik.
Finanzplatz
Schweiz wohin? Das sinnvolle Konstrukt der Abgeltungssteuer bleibt vorerst auf
Sand gebaut. Die Abkommen mit Grossbritannien und Österreich sind kein
tragfähiges Fundament. Für die Schweizer Linke ist die Schleifung des
Bankgeheimnisses unumgänglich. Für die Finanzminister der SPD-dominierten
Länder steht fest, dass ein neues Abkommen ausgehandelt werden muss. Klar ist
vorerst so viel: Wenn der Bundesrat gegenüber Deutschland einknickt, ist die
Abgeltungssteuer Makulatur.
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