Erleichterung bei
Schweizer Banken
USA
legen Fatca-Vertrag vor
NZZ, Wirtschaftsnachrichten
16.11.2012, 22:54; Verfasst von Christoph
Eisenring, Washington
Link: http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/usa-legen-fatca-vertrag-vor-1.17813385
Die USA haben einen Fatca-Mustervertrag veröffentlicht, der für die Schweiz massgebend ist. Lokalbanken wird dabei eine Vereinfachung in Aussicht gestellt. Sie dürfen aber amerikanische Expats nicht grundsätzlich als Kunden ablehnen.
Die USA haben einen Fatca-Mustervertrag veröffentlicht, der für die Schweiz massgebend ist. Lokalbanken wird dabei eine Vereinfachung in Aussicht gestellt. Sie dürfen aber amerikanische Expats nicht grundsätzlich als Kunden ablehnen.
Die USA spannen mit
der «Foreign Account Tax Compliance Act» (Fatca) ab 2013 Finanzinstitute auf
der ganzen Welt zur Informationsbeschaffung über amerikanische Steuerpflichtige
ein. Fatca ist aber dermassen kompliziert, dass die USA mit 50 Staaten in
Verhandlungen über leicht «abgespeckte» Varianten stehen – so auch mit der
Schweiz. Man darf sich aber keine Illusionen machen: Die Identifizierung von
US-Kunden bleibt komplex und bindet bei den Banken enorme Ressourcen. Am
Donnerstag hat das amerikanische Finanzministerium den Mustervertrag
veröffentlicht, der für die Schweiz relevant sein wird. Es handelt sich um eine
wichtige Zwischenstufe auf dem Weg zum definitiven Abschluss, den die
Amerikaner bis Ende Jahr erzielen wollen. Für die USA haben die zwischenstaatlichen Abkommen einen
grossen Vorteil: Der Vertragsstaat verpflichtet sich darin, dafür zu sorgen,
dass seine Finanzinstitute Fatca einhalten.
Kein Nachteil gegenüber EU
Für Aufsehen sorgen
dürfte in der Schweiz besonders eine Klausel im Mustervertrag. Diese verbietet
es lokalen Banken, die von Vereinfachungen profitieren wollen, amerikanische
Kunden, die in der Schweiz wohnen, grundsätzlich abzulehnen. Dieses
«Diskriminierungsverbot» entbehrt nicht der Ironie, haben die USA mit Fatca
doch alles getan, damit Schweizer Banken die Finger von amerikanischen Kunden
lassen. Doch im Ausland wohnhafte
Amerikaner sind auch Wähler, und die beissende Kritik von American Citizens
Abroad an dem Gesetz blieb in Washington nicht ohne Wirkung. So beklagt
sich die Organisation darüber, dass amerikanische Expats Mühe hätten, vor Ort
Konti zu eröffnen. Das «Diskriminierungsverbot» scheint gleichzeitig nicht
generell zu gelten, da es nur im Passus über die Lokalbanken auftaucht.
Was hat Bern dafür
bekommen? Eine Voraussetzung, damit eine Lokalbank als Fatca-konform gilt und
kein Abkommen mit der US-Steuerbehörde IRS abschliessen muss, ist, dass
mindestens 98% der Kundengelder aus der Schweiz oder dem EU-Raum stammen.
Letzterer Zusatz ist neu und laut den beigezogenen Experten Michael Schneebeli
von KPMG und Hans-Joachim Jaeger von Ernst & Young wichtig: Wenn also ein
Schweizer Lokalinstitut Kundengelder hat, die zum Beispiel zu 5% aus
Deutschland oder Frankreich stammen, dann zählen diese wie Gelder aus der
Schweiz. Diese «Erweiterung» des Heimmarktes dürfte besonders Lokalinstituten
helfen, die traditionell zahlreiche Kunden aus den Nachbarstaaten haben. Damit sinkt für diese Banken die Hürde, um
als Fatca-konform zu gelten, was heisst, dass sie kein Abkommen mit dem IRS
abschliessen müssen und von den umfassenden Meldepflichten entbunden sind.
Aufatmen für Publikumsfonds
Lokalbanken sind
nicht die Einzigen, die mit Vereinfachungen rechnen können. So werden
Sachversicherungen und Pensionskassen von der Fatca-Umsetzung befreit sein.
Laut den Experten ist zudem absehbar, dass Publikumsfonds nicht der
Meldepflicht unterliegen werden. Der Grund dafür ist, dass Kunden ihre
Fondsanteile in der Schweiz über ein Bank-Depot halten und unter dem
Fatca-Regime bereits das jeweilige Institut die Identität des Kunden abklären
muss. Im Musterabkommen befindet sich
schliesslich ein Passus, in dem es heisst, die Vertragsstaaten würden sich im
Rahmen der OECD für den automatischen Informationsaustausch einsetzen. Dieser
Paragraf ist allerdings in Klammern gesetzt. Es ist nicht anzunehmen, dass
diese Passage Bestandteil eines Vertrages mit der Schweiz sein wird, da Bern
die Abgeltungssteuer und nicht den automatischen Informationsaustausch
favorisiert.
Finanzinstitute,
die nicht von Fatca befreit sind oder nicht als Fatca-konform gelten, werden
einzeln mit der amerikanischen Steuerbehörde IRS Verträge aushandeln und Daten
über amerikanische Kunden liefern müssen. In der ursprünglichen Gesetzgebung
drohte Banken und ihren Kunden eine Quellensteuer von 30% auf Erträgen und
Verkaufserlösen von US-Wertschriften, wenn die Bank sich nicht Fatca-konform
verhielt. Da nun die Eidgenossenschaft für die Einhaltung sorgen soll, entfällt
diese Regelung für Schweizer Banken. Zudem müssen die Banken keinen Abzug von
30% auf amerikanischen Erlösen bei «widerspenstigen Kunden» vornehmen. Dies
sind Kunden, die ihre Identität nicht preisgeben wollen. Stattdessen meldet die
Bank jährlich aggregiert Daten nach Washington, also die Anzahl
«widerspenstiger» Kunden und die Summe der betroffenen Kundengelder. Die USA
können dann mit Gruppenanfragen Amtshilfe für diese Kunden erhalten.
Damit dies möglich
ist, muss zunächst aber das neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der
Schweiz und den USA ratifiziert werden. Dieses ist jedoch seit Monaten im
US-Senat blockiert. Änderungen am Mustervertrag sind zwar denkbar, doch dürften
sich diese vor allem auf die Anhänge beschränken, wo konkret aufgezählt wird,
welche Produkte oder Institute eines Landes von den Meldepflichten befreit
sind. Die Schweizerische
Bankiervereinigung wollte die Einzelheiten des Musterabkommens nicht
kommentieren. Sie ist grundsätzlich aber davon überzeugt, dass der Abschluss
eines solchen Vertrags gegenüber der ursprünglichen Fatca-Version deutliche
Vorteile bringt.
Es wird nicht so heiss gegessen wie es
gekocht wird.
Die Deutschen Linken, die im deutschen Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz ablehnen müssen sich bescheiden, denn die Schweiz wird nicht „gläsern“ gegenüber den USA. Unser Bundesrat muss hart bleiben. Es gibt keinen Grund das eindeutige Votum des Nationalrates in der Herbstsession und das Versprechen von Bundesrätin Evelyn Widmer-Schlumpf zu übergehen: Es gibt kein rückwirkendes Inkrafttreten des OECD-Standards. Gruppenanfragen werden ab dem Datum möglich sein, an dem das Amtshilfegesetz Rechtskraft erlangt.
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