Samstag, 17. November 2012

Steuerstreit Schweiz - USA: USA legen Fatca-Vertrag vor


Erleichterung bei Schweizer Banken
USA legen Fatca-Vertrag vor
NZZ, Wirtschaftsnachrichten 16.11.2012, 22:54; Verfasst von Christoph Eisenring, Washington

Link: http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/usa-legen-fatca-vertrag-vor-1.17813385

Die USA haben einen Fatca-Mustervertrag veröffentlicht, der für die Schweiz massgebend ist. Lokalbanken wird dabei eine Vereinfachung in Aussicht gestellt. Sie dürfen aber amerikanische Expats nicht grundsätzlich als Kunden ablehnen.

Die USA spannen mit der «Foreign Account Tax Compliance Act» (Fatca) ab 2013 Finanzinstitute auf der ganzen Welt zur Informationsbeschaffung über amerikanische Steuerpflichtige ein. Fatca ist aber dermassen kompliziert, dass die USA mit 50 Staaten in Verhandlungen über leicht «abgespeckte» Varianten stehen – so auch mit der Schweiz. Man darf sich aber keine Illusionen machen: Die Identifizierung von US-Kunden bleibt komplex und bindet bei den Banken enorme Ressourcen. Am Donnerstag hat das amerikanische Finanzministerium den Mustervertrag veröffentlicht, der für die Schweiz relevant sein wird. Es handelt sich um eine wichtige Zwischenstufe auf dem Weg zum definitiven Abschluss, den die Amerikaner bis Ende Jahr erzielen wollen. Für die USA haben die zwischenstaatlichen Abkommen einen grossen Vorteil: Der Vertragsstaat verpflichtet sich darin, dafür zu sorgen, dass seine Finanzinstitute Fatca einhalten.

Kein Nachteil gegenüber EU
Für Aufsehen sorgen dürfte in der Schweiz besonders eine Klausel im Mustervertrag. Diese verbietet es lokalen Banken, die von Vereinfachungen profitieren wollen, amerikanische Kunden, die in der Schweiz wohnen, grundsätzlich abzulehnen. Dieses «Diskriminierungsverbot» entbehrt nicht der Ironie, haben die USA mit Fatca doch alles getan, damit Schweizer Banken die Finger von amerikanischen Kunden lassen. Doch im Ausland wohnhafte Amerikaner sind auch Wähler, und die beissende Kritik von American Citizens Abroad an dem Gesetz blieb in Washington nicht ohne Wirkung. So beklagt sich die Organisation darüber, dass amerikanische Expats Mühe hätten, vor Ort Konti zu eröffnen. Das «Diskriminierungsverbot» scheint gleichzeitig nicht generell zu gelten, da es nur im Passus über die Lokalbanken auftaucht.
Was hat Bern dafür bekommen? Eine Voraussetzung, damit eine Lokalbank als Fatca-konform gilt und kein Abkommen mit der US-Steuerbehörde IRS abschliessen muss, ist, dass mindestens 98% der Kundengelder aus der Schweiz oder dem EU-Raum stammen. Letzterer Zusatz ist neu und laut den beigezogenen Experten Michael Schneebeli von KPMG und Hans-Joachim Jaeger von Ernst & Young wichtig: Wenn also ein Schweizer Lokalinstitut Kundengelder hat, die zum Beispiel zu 5% aus Deutschland oder Frankreich stammen, dann zählen diese wie Gelder aus der Schweiz. Diese «Erweiterung» des Heimmarktes dürfte besonders Lokalinstituten helfen, die traditionell zahlreiche Kunden aus den Nachbarstaaten haben. Damit sinkt für diese Banken die Hürde, um als Fatca-konform zu gelten, was heisst, dass sie kein Abkommen mit dem IRS abschliessen müssen und von den umfassenden Meldepflichten entbunden sind.

Aufatmen für Publikumsfonds
Lokalbanken sind nicht die Einzigen, die mit Vereinfachungen rechnen können. So werden Sachversicherungen und Pensionskassen von der Fatca-Umsetzung befreit sein. Laut den Experten ist zudem absehbar, dass Publikumsfonds nicht der Meldepflicht unterliegen werden. Der Grund dafür ist, dass Kunden ihre Fondsanteile in der Schweiz über ein Bank-Depot halten und unter dem Fatca-Regime bereits das jeweilige Institut die Identität des Kunden abklären muss. Im Musterabkommen befindet sich schliesslich ein Passus, in dem es heisst, die Vertragsstaaten würden sich im Rahmen der OECD für den automatischen Informationsaustausch einsetzen. Dieser Paragraf ist allerdings in Klammern gesetzt. Es ist nicht anzunehmen, dass diese Passage Bestandteil eines Vertrages mit der Schweiz sein wird, da Bern die Abgeltungssteuer und nicht den automatischen Informationsaustausch favorisiert.
Finanzinstitute, die nicht von Fatca befreit sind oder nicht als Fatca-konform gelten, werden einzeln mit der amerikanischen Steuerbehörde IRS Verträge aushandeln und Daten über amerikanische Kunden liefern müssen. In der ursprünglichen Gesetzgebung drohte Banken und ihren Kunden eine Quellensteuer von 30% auf Erträgen und Verkaufserlösen von US-Wertschriften, wenn die Bank sich nicht Fatca-konform verhielt. Da nun die Eidgenossenschaft für die Einhaltung sorgen soll, entfällt diese Regelung für Schweizer Banken. Zudem müssen die Banken keinen Abzug von 30% auf amerikanischen Erlösen bei «widerspenstigen Kunden» vornehmen. Dies sind Kunden, die ihre Identität nicht preisgeben wollen. Stattdessen meldet die Bank jährlich aggregiert Daten nach Washington, also die Anzahl «widerspenstiger» Kunden und die Summe der betroffenen Kundengelder. Die USA können dann mit Gruppenanfragen Amtshilfe für diese Kunden erhalten.
Damit dies möglich ist, muss zunächst aber das neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den USA ratifiziert werden. Dieses ist jedoch seit Monaten im US-Senat blockiert. Änderungen am Mustervertrag sind zwar denkbar, doch dürften sich diese vor allem auf die Anhänge beschränken, wo konkret aufgezählt wird, welche Produkte oder Institute eines Landes von den Meldepflichten befreit sind. Die Schweizerische Bankiervereinigung wollte die Einzelheiten des Musterabkommens nicht kommentieren. Sie ist grundsätzlich aber davon überzeugt, dass der Abschluss eines solchen Vertrags gegenüber der ursprünglichen Fatca-Version deutliche Vorteile bringt.

Rhoenblicks Kommentar:
Es wird nicht so heiss gegessen wie es gekocht wird.

Die Deutschen Linken, die im deutschen Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz ablehnen müssen sich bescheiden, denn die Schweiz wird nicht „gläsern“ gegenüber den USA. Unser Bundesrat muss hart bleiben. Es gibt keinen Grund das eindeutige Votum des Nationalrates in der Herbstsession und das Versprechen von Bundesrätin Evelyn Widmer-Schlumpf zu übergehen: Es gibt kein rückwirkendes Inkrafttreten des OECD-Standards. Gruppenanfragen werden ab dem Datum möglich sein, an dem das Amtshilfegesetz Rechtskraft erlangt.

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