Ausstoss von CO2:
"Um rechtswidrige Manipulationen geht es
allerdings beim Kohlendioxid CO2 gar nicht, sondern um Tricksereien, die der
Gesetzgeber erlaubt. Das soll mit einem neuen Testverfahren, das zu
realistischeren Ergebnissen führt anders werden."
"Der Haken an der
Sache ist nur, dass die deutsche Autobranche und deren Verband vehement auf
einen industriefreundlichen Umrechnungsfaktor zwischen jetzigem und künftigem
Mess-Verfahren drängen. Dieser Umrechnungsfaktor würde dazu führen, dass die alten,
geschönten Werte trotz neuer, besserer Mess-Methoden im Prinzip erhalten
blieben; mit Billigung der Bundesregierung."
Inhaltsübersicht:
1) "Zetsche in Not"
2) „Wie die deutsche
Autoindustrie CO2-Ergebnisse schönt, zeigt ein Prüfbericht der
Kanzlei Freshfields für VW“
1) „Zetsche in Not“
„Weil VW beim CO2 weniger trickst, stellt sich die
unangenehme Frage, warum Daimler (Zetsche, CEO) nicht nachzieht“ (Auszug)
„Süddeutsche
Zeitung“ vom Donnerstag, den 13. Oktober 2016: von Klaus Ott, Katja Riedel
Berlin/München
„…
Bislang führen
kräftige Tricksereien zu geschönten Messresultaten, mit denen die Grenzwerte
wenn schon nicht in der Realität so doch zumindest auf dem Papier
eingehaltenwerden. Das ist für die Branche deshalb bedeutsam, weil künftig
hohe Strafen drohen, wenn die Limits überschritten werden. Wie groß das Problem
ist, zeigen Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Das KBA prüft bei
53 Fahrzeug-Typen, wie hoch die Kohlendioxid-Emissionen wirklich sind. Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt will die Ergebnisse, so heisst es in der Branche, im Dezember
präsentieren. 30 Fahrzeug-Typen sind bereits vor Monaten negativ aufgefallen,
weil sie mehr CO2 ausstoßen, als von den Herstellern offiziell
angegeben.
Die Strategie der
Autobranche, neue Grenzwerte aufzuweichen, gerät plötzlich durcheinander
Das ist ja das grosse Dilemma bei den Messungen im
Verkehr: Getestet wird im Labor. Die
Werte, die dort herauskommen; haben mit der Wirklichkeit nicht viel zu 'tun.
Bei den Stickoxiden von Diesel-Fahrzeugen ebenso wie beim Kohlendioxid. Zu
einem großen Thema ist das erst durch die Abgas-Affäre bei Volkswagen geworden.
VW hat jahrelang die Stickoxid-Messungen systematisch
nicht nur geschönt, sondern sogar manipuliert. indem die Abgasreinigung nur auf
dem Prüfstand funktionierte und auf der Strasse abgeschaltet wurde. Mit dem
Betrug beim Diesel hat Volkswagen längst aufgehört. Nun geht der Konzern auch
dazu über beim CO2 nicht mehr alle Tricks zu nutzen, die der
Gesetzgeber erlaubt (Artikel unten). Das wiederum bringt andere Hersteller in
Bedrängnis. Was machen jetzt beispielsweise BMW und Daimler? Weiter tricksen?
BMW erklärt: „Grundsätzlich gilt, dass bei der BMW Group
nicht manipuliert wird und wir uns in jedem Land an die gesetzlichen Vorgaben
halten und alle lokalen Testvorgaben erfüllen". So sei das auch beim CO2.
Um rechtswidrige Manipulationen geht es
allerdings beim Kohlendioxid gar nicht, sondern um Tricksereien, die der
Gesetzgeber erlaubt Das soll mit einem neuen Testverfahren, das zu
realistischeren Ergebnissen führt anders werden. Darauf verweist auch BMW.
„Das begrüssen wir und sehen deshalb momentan keine Veranlassung, die von uns
kommunizierten Informationen -zu den CO2-Emissionen unserer
Fahrzeuge zu ändern."
Der Haken an der
Sache ist nur, dass die deutsche Autobranche und deren Verband vehement auf
einen industriefreundlichen Umrechnungsfaktor zwischen jetzigem und künftigem
Mess-Verfahren drängen. Dieser Umrechnungsfaktor würde dazu führen, dass die alten,
geschönten Werte trotz neuer, besserer Mess-Methoden im Prinzip erhalten
blieben; mit Billigung der Bundesregierung. Das funktioniert aber nur, wenn die alte Methode mit all ihren Tricks
so lange weiter praktiziert wird, bis das neue Verfahren kommt. Wenn also die
CO2-Werte weiter umfassend geschönt werden, und diese Ergebnisse
dann auch die Rechen-Basis für den neuen Test sind.
Dass Volkswagen mit den Tricksereien nun teilweise
aufhört und etwas ehrlichere Zahlen nennt, bringt die fein ausgedachte Strategie
anderer Hersteller und des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)
durcheinander. Werden jetzt realistischere Werte gemessen und genannt, dann
läuft die geplante Aufweichung des neuen Verfahrens mit einer
industriefreundlichen Umrechnerei der alten, geschönten Ergebnisse zumindest
teilweise ins Leere. Das erklärt wohl auch, warum BMW so verhalten auf das
Vorgehen von Volkswagen reagiert, statt sich diesem Beispiel anzuschliessen.
Auch im VDA soll sich die Begeisterung über VW in Grenzen halten.
… .“
2) „Wie die deutsche
Autoindustrie CO2-Ergebnisse schönt, zeigt ein Prüfbericht der
Kanzlei Freshfields für VW“
„Süddeutsche
Zeitung“ vom Donnerstag, den 13. Oktober 2016: von Klaus Ott, Katja Riedel
Möglichkeiten:
(Keine Tricksereien, kein Betrug – im Gegenteil: vom
deutschen Gesetzgeber – da so gewollt – erlaubt)
1) Warmfahren / 2) Bremsbeläge / 3) Reifen / 4)
Ausstattung / 5) Wind / 6) Batterie/ 7) Fahrer / 8) Pauschaler Abschlag
"1) Warmfahren
Unmittelbar und zwischen den Testläufen werden die
Fahrzeuge circa 20 Minuten lang warmgefahren. Die Art und Weise, in der das bei
VW geschehe, führe zu geringeren CO2-Emissionen von bis zu vier
Gramm pro Kilometer.
2) Bremsbeläge
Lenkbewegungen während des Warmfahrens führen dazu, dass sich
die Bremsbeläge möglichst vollständig von den Bremsscheiben lösen. Das sei
geeignet, „Störeinflüsse von den Bremsen zu beseitigen".
3) Reifen
VW verwendet Reifen, die vom Hersteller auf 50 Prozent
der Profiltiefe reduziert werden. Freshfields hält fest: Den Vorschriften ist
nicht zu entnehmen, dass die vorgegebene Spanne von 90 bis 50 Prozent der
ursprünglichen Profiltiefe „nicht bis zur unteren Spanne genutzt werden
darf".
4) Ausstattung
Die Testautos verfügen über keine zusätzliche
Ausstattung, „die die Aerodynamik des Fahrzeugs negativ beeinflusst". Also
keine Anhängerkupplung, keine Dach-Reling usw.
5) Wind
„Jede Windbeeinflussung der Testläufe beeinflusst die CO2-Werte
des Fahrzeugs negativ, da der Fahrwiderstand steigt. Daher führt die VW AG die
Messung des „ Fahrwiderstands nur bei möglichst wenig Wind durch." Freshfields
hält fest: Die betreffende Vorschrift sieht keine Mindest-Windgeschwindigkeit
vor.
6) Batterie
Die Batterie wird vor Beginn des Testverfahrens
aufgeladen. Das hat zur Folge, dass während des Tests „weniger Energie für die
Ladung der Batterie aufzuwenden ist, was einen reduzierten Emissionsausstoß und
Kraftstoffverbrauch zur Folge haben kann".
7) Fahrer
VW weist die von ihr eingesetzten Fahrer an, „energetisch
optimal" im Rahmen der Vorgaben .zu fahren. „Konkret bedeutet dies, dass
durch eine geschickte Fahrweise der Energiebedarf des Prüffahrzeugs niedrig gehalten
wird." Die rechtliche Bewertung von Freshfields: VW kann die „Güte der von
ihr eingesetzten Fahrer" nicht angelastet werden. Es gibt keine gesetzliche
Vorschrift, wonach normale, durchschnittlich qualifizierte oder „im üblichen
Strassenverkehr anzutreffende" Fahrer eingesetzt werden müssen.
8) Pauschaler Abschlag
Die Angaben von VW für den CO2-Ausstoß können
um bis zu vier Prozent. niedriger ausfallen als die Mess-Ergebnisse. Das entspricht
laut Freshfields den gesetzlichen Vorschriften. Diese fordern „gerade nicht,
dass die Herstellerangabe mit Mess-Ergebnissen übereinstimmt", die vom
Hersteller nach einem bestimmten Verfahren zu ermitteln wären."
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