Montag, 16. September 2013

Rückblick und Bewertung des "Osloer-"Abkommens"



Nahost Israel Palästina Geplatzte Träume


„Frankfurter Rundschau“, vom 12.09.2013; verfasst von Inge Günther; Link:

Foto: Israels Premier Rabin (li.) PLO-Chef Arafat (re.) und in der Mitte US-Präsident Clinton. Foto: Reuters

Text:

Zwanzig Jahre nach dem Osloer Abkommen lässt der Nahost-Frieden auf sich warten. Kann man von dem Abkommen lernen? Zumindest eines: Ein israelisch-palästinensischer Frieden bedarf Courage, Rückhalt im Volk und Druck von außen.

Es war ein euphorischer Moment, damals vor zwanzig Jahren. Nicht nur in nahezu jedem israelischen und palästinensischen Haushalt lief der Fernseher, um die Live-Übertragung aus Washington zu verfolgen, wo ihre Führer am 13. September 1993 auf dem Rasen vor dem Weißen Haus eine gemeinsame Prinzipienerklärung, das erste Osloer Friedensabkommen, unterzeichneten. Auch die Welt schaute gebannt zu, als Yassir Arafat und Yitzhak Rabin ermuntert von dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton sich nach jahrzehntelangem, blutigem Nahost-Konflikt die Hand reichten.

Erst vier Tage zuvor war überhaupt publik geworden, dass es einen Durchbruch in Verhandlungen gab, die monatelang in einem Chalet bei Oslo völlig abgeschirmt von der Öffentlichkeit geführt worden waren. Selbst die Amerikaner erfuhren die Sensation erst in letzter Minute.

Norwegen hatte den Vermittler gespielt

Nicht sie, sondern das kleine Norwegen hatte erfolgreich den Vermittler gespielt. Ari Rath, seinerzeit Chefredakteur der „Jerusalem Post“, hat noch die Szene vor Augen, als der norwegische Außenminister Jorgen Holst mit dem gespannt erwarteten Schreiben von PLO-Chef Arafat im israelischen Premierbüro eintraf. In dem Brief erkannte die Palästinensische Befreiungsorganisation Israels Recht auf Existenz in Frieden und Sicherheit an und gelobte Verzicht auf Terror und Gewalt. Dann las Rabin seine Antwort vor, in der Israel die PLO als Alleinvertreterin der Palästinenser bei Friedensgesprächen offiziell akzeptierte, und setzte seine Unterschrift drunter. „Als er den Stift aus der Hand legte“, erinnert sich Rath, „spendeten sogar die versammelten Journalisten Applaus.“

Auch unter den Palästinensern flogen die Hoffnungen hoch, auf staatliche Unabhängigkeit, auf ein Ende der Besatzung. Als im Herbst 1994 Arafat, die Symbolfigur Palästinas, nach über 27 Jahren im Exil in den Gazastreifen einzog, war der Jubel riesig. Dennoch gab es von Beginn des Osloer Prozesses an skeptische Stimmen, die auf die Mängel des Abkommens und seiner Folgeverträge verwiesen
Weder eine Zwei-Staaten-Lösung noch ein klarer Zeitrahmen waren darin definiert.
Ausgemacht war nur, dass 65 Prozent des Gazastreifens sowie die palästinensischen Städte im Westjordanland, rund drei Prozent des Gebiets [Rhoenblicks Kommentar: völlig ungenügend], vollautonom werden sollen. Der Rest des Landes blieb ganz oder teilweise unter israelischer Kontrolle. Die eigentlichen Knackpunkte wie Jerusalem, Flüchtlinge und Siedlungen hatte man vertagt und vagen Endstatusverhandlungen binnen fünf Jahren überlassen.
[Rhoenblicks Kommentar: Bei all dem, was nicht verhandelt worden ist, fragt es sich, ob dieses Papier überhaupt den Namen 'Abkommen' verdient.]

Der Geschmack von Unabhängigkeit

Arafat hatte sich mit dem Osloer Prozess nicht zuletzt selbst retten wollen. Anders wäre er kaum aus der internationalen Isolation gekommen, in die er sich Anfang der neunziger Jahre mit seiner Parteiergreifung für den irakischen Diktator Saddam Hussein manövriert hatte. Jedenfalls ging der Siedlungsbau auf besetztem Gebiet weiter, und bald drehte sich wieder die Gewaltspirale.

Israel verkündet vor den Friedensgesprächen neue Siedlungsbaupläne.

[Rhoenblicks Kommentar: Dieses Vorgehen Israels ist zum Ritual geworden. Es signalisiert schon vor oder spätestens zu Beginn der Verhandlungen, dass Israel echte Verhandlungen gar nicht beabsichtigt, sondern sich lediglich dem ihm aufgedrängten Verhandlungs-Ritual unterzieht]
Uri Savir, der das israelische Verhandlungsteam geleitet hatte, ist dennoch bis heute überzeugt, dass „die Osloer Abkommen das Bestmögliche waren, was die Führer Israels und der Palästinenser ohne Assistenz von außen erreichen konnten“. Tatsächlich gäbe es ohne „Oslo“ keine palästinensische Selbstverwaltung und auch keinen Präsidenten.

Nur endet deren Entscheidungsbefugnis oft am nächsten israelischen Checkpoint. „Oslo hat uns den Geschmack von Unabhängigkeit gegeben“, meint ein enttäuschter Palästinenser. Er hatte in Deutschland studiert, kehrte aber nach dem Friedensabkommen in seine Heimat zurück. „Doch es war eine Illusion und diente lediglich dem Konfliktmanagement.“

Gescheitert ist „Oslo“ allerdings durch gezielte Sabotage der Kompromissgegner auf beiden Seiten. Dazu gehörten nicht nur Militante, etwa von der Hamas, die mit Bombenanschlägen den Friedensprozess aus der Spur brachten.

Auf die Frage, was falsch lief, hat der israelische Friedensarchitekt Jossi Beilin, eine sarkastische Antwort übrig. „Ich würde abraten, Premier Rabin zu ermorden.“ Das Attentat vom 4. November 1995, verübt von einem rechtsextremen jüdischen Studenten, gilt als äußerst folgenreich. Wenn Rabin nicht erschossen worden wäre, Beilin ist sich da „zu 99 Prozent“ sicher, „hätten wir einen dauerhaften Frieden erreicht“. [Rhoenblicks Kommentar: In Kenntnis dessen, was in diesem „Abkommen“ erwähnt, was alles nicht erwähnt wurde, erscheint der Mord an Premierminister Yitzhak Rabin erst recht tragisch.]

Kann man von „Oslo“ lernen? Zumindest eines: ein israelisch-palästinensischer Frieden bedarf Courage, Rückhalt im Volk und Druck von außen.  Bei den aktuell laufenden Verhandlungen gibt es von allem zu wenig. [Rhoenblicks Kommentar: Reine amerikansich.israelische Alibi-Übungen in der Absicht, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nejmen - was auf lange Sicht sicher nicht gelingeh wird. Immer wieder wird die Weltöffentlichkeit an die bedrückende, rechtlose Situation der Palästinenser, an die Arroganz Israels erinnert.]


20 Jahre nach Oslo – wo bleibt der Frieden in Nahost?



Auszug:

(vollständiger Text über Link)

Der israelische Ministerpräsident wandte sich an seinen langjährigen Feind mit den Worten:
“Wir haben gegen euch Palästinenser gekämpft. Heute sagen wir mit lauter und klarer Stimme: Blut und Tränen sind genug vergossen, es reicht.” Und ein sichtlich bewegter Palästinenserführer antwortete: “Danke, danke…”
Ein knappes Jahr nach diesem Dank kam Jassir Arafat daheim an, nach 27 Jahren im Exil. In Gaza entstand die erste Palästinenserverwaltung. Die jubelnden Bewohner bei der Begrüßung waren Menschen, die Jahrzehnte in Flüchtlingslagern gewartet, gehofft, gelitten und oft auch gekämpft hatten. Es kam anders als erhofft. Am 4. November 1995 – zwei Jahre nach der feierlichen Unterzeichnung des Friedensabkommens – wurde Yitzak Rabin ermordet. Von einem Gegner des Friedensprozesses. Mit einem anderen israelischen Regierungschef versuchte US-Präsident Clinton einen neuen Ansatz. Vergeblich. Das Treffen in Camp David steht stellvertretend für noch viele Versuche, den Nah-Ost-Friedensprozeß wieder in Gang zu bringen. Es gab und gibt in Israel und auch bei den Palästinensern reichlich Scharfmacher, die den Friedenskurs nicht wollen. So dürfte sich Ariel Sharon im Jahr 2000 durchaus bewusst gewesen sein, was sein Erscheinen auf dem Tempelberg in Jerusalem an der heiligen Stätte des Islam auslösen würde. Der folgende Konflikt ging unter dem Namen “2. Intifada” in die Geschichte ein. Wieder flossen über Jahre hin reichlich Blut und Tränen. Noch sollte es nicht genug sein, noch wurde es immer schlimmer.

Eine neue Mauer wurde gebaut, höher noch als ihre unrühmliche Vorgängerin in Berlin. Neue Siedlungen wurden und werden errichtet auf dem Land, auf dem doch dereinst der Palästinenserstaat entstehen sollte.


Im November 2012 nahmen die Palästinenser einen neuen diplomatischen Anlauf. Sie beantragten die Aufnahme in die Weltgemeinschaft der Vereinten Nationen. Man sollte sich vom Beifall in der Vollversammlung nicht täuschen lassen – es war wieder nur ein halber Erfolg. Noch keine gesicherte Zwei-Staaten-Lösung. Nur eine symbolische Aufwertung des Status der Palästinenser. Folglich gibt es auch noch keinen Frieden im Nahen Osten. Wobei der Kräfte verschleissende blutige Bruderzwist zwischen den Palästinenserfraktionen noch gar nicht erwähnt wurde.
20 Jahre nach Oslo sind die beiden Friedenshelden von damals tot? Und ihre Idee?

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