Mittwoch, 18. September 2013

Unser Nationalrat ist gefordert - er darf nicht den Kopf in den Sand stecken!



Die Augen verschliessen vor der NSA, vor den USA


2005 soll Bundesrat Samuel Schmid in einer Bundesratssitzung zufrieden und stolz gesagt haben: «Mein Nachrichtendienst ist die einzige Schweizer Dienststelle, die in den USA noch Vertrauen hat und die von den Amerikanern ernst genommen wird!»
2013 sieht die Situation ganz anders aus. Auch die Schweiz ist von den alle Grenzen sprengenden, Gesetze missachtenden Abhör- und Schnüffelaktionen der NSA betroffen. Jedoch – einzig die SP-Nationalratsfraktionen hat reagiert und eine dringliche Interpellation eingereicht.1) Alle anderen Fraktionen fanden eine dringliche Debatte über die Aktivitäten der NSA in der Schweiz unnötig. Dieses Verhalten ist tadelnswert. Zum Glück zieht jetzt Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL, SP) mit einer Motion nach.2) Es wäre unverständlich und unserem Land abträglich, wenn die bürgerlichen Fraktionen nicht in die gleiche Richtung stossen würden.

Es gibt zwei Kristallisationspunkte.

Die NSA hat die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) ausspioniert.3) SWIFT ist eine 1973 gegründete, internationale Genossenschaft der Geldinstitute, auch der Schweiz, die ein Telekommunikationsnetz für den Nachrichtenaustausch zwischen den mehr als 10‘000 Mitgliedern weltweit betreibt. In der Schweiz befindet sich ein Operating Center (OPC), um eine dezentralisierte Nachrichtenarchitektur zu schaffen, die europäischen Datenschutzbedenken gegenüber den USA Rechnung trägt. Das neu erbaute Rechenzentrum in Diessenhofen hat im Laufe des ersten Halbjahres 2013 schrittweise den Betrieb aufgenommen.4) Hier sollen bis zu 20 Millionen Finanztransaktionen pro Tag abgewickelt werden. Die EU-Kommission droht den USA mit dem Ende des Swift-Abkommens - aber unser Nationalrat schweigt.5)

Das ZDF hat recht, wenn es in der Sendung „Zoom“ sagt, die NSA höre nicht nur in Bad Aibling in Deutschland ab, sondern auch in der Schweiz mittels der oberhalb Leuk stehenden Verestar-Satellitenanlage.6),7),8),9) Diese ist der EMD-Anlage „Onyx“ direkt benachbart. Die amerikanische Firma Verestar hat diese Bodenstation im Jahre 2000 / Angang 2001 der Swisscom - „bei der Swisscom habe die Sicherheit höchste Priorität“ („NZZ vom 18.09.2013“)! -abgekauft.10),11) Es war schon immer bekannt, dass Verestar auch für das U.S.-Verteidigungsministerium arbeitet. Dank Snowden wissen wir, dass die NSA sich sehr häufig Privatfirmen bedient - es fällt dann weniger auf. Am 28.11.2000 reichte Nationalrat Bernhard Hess (SD) eine Interpellation ein, in der er den Bundesrat fragte, ob Verestar zu den Firmen gehöre, welcher die NSA mit ihrer Infrastruktur beim internationalen Abhörprogramm Echelon unterstützen. 12) Die Antwort des Bundesrat im März 2001 - Verfasser Bundesrat Samuel Schmid - war nichtssagend; womit der Kreis geschlossen ist: Der Bundesrat, die bürgerlichen Nationalratsfraktionen schliessen die Augen vor den Machenschaften der NSA, vor den USA.

"SF", vom 25.03.2003; von Adrian Arnold:

"Kriegsbefehle über Satellitenstation Leuk"

Seit Beginn des Irak-Krieges wachsen im Wallis die Befüchtungen, dass über die Satellitenstation in Leuk Kriegsbefehle in den Irak weitergeleitet werden. Der Bund kann nicht ausschliessen, das das passiert - die Satellitenstation sei nicht kontrollierbar. Die ehemalige Swisscom-Anlage gehört heute der amerikanischen Firma Verestar. Sie wird von der amerikanischen Regierung kontrolliert. Die Auflagen der Schweiz sind ausschliesslich technischer Art.


Quellen:

1)-> „Tagesanzeiger“, vom 10.09.2013: „SP will Aufklärung von NSA-Schnüffeleien“; Link: http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/SP-will-Aufklaerung-von-NSASchnueffeleien-/story/14344015 .

2)-> „Curia Vista – Geschäftsdatenbank“: 13.5322 – Fragestunde. Frage „Demokratische Debatte über Geheimdienstaktivitäten“;
Aus der Antwort des Bundesrates vom 16.09.2013: „Eine Orientierung der Öffentlichkeit über die Vorgänge im Zusammenhang mit den mutmasslichen Tätigkeiten der NSA ist erst dann möglich, wenn dem Bundesrat Fakten vorliegen, welche über die von den Medien kolportierten Informationen hinausgehen.“

 „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“. Ja, wozu haben wir den Bundesrat? Er ist unsere Exekutive und steht der Bundesverwaltung vor.
Es ist Aufgabe, ja Pflicht des Bundesrates nach Fakten zu suchen, suchen zu lassen, die die Tätigkeit der NSA in der Schweiz betreffend über die kolportierten Informationen hinausgehen.

3)-> „NZZ“, vom 10.09.2013: „Swift und Petrobras im Visier der NSA“;

4)-> „Thurgauer Zeitung“, vom 15.03.2013: „Startschuss für Rechenzentrum“;
„Die Sicherheitsvorgaben sind extrem. Eine externe Pressestelle entscheidet, was über Swift veröffentlicht werden darf. Das Personal darf keine Auskünfte geben.
Die Daten der Swift-Rechenzentren in Holland, USA und Diessenhofen werden gegenseitig gespiegelt, das heisst, die Transaktionen werden mehrfach gebucht“.

5)-> „SpiegelOnline“, vom 13.9.2013: „NSA-Spionage: EU-Kommission droht USA mit Ende des Swift-Abkommens“; Link: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/eu-kommission-droht-usa-mit-ende-des-swift-abkommens-a-922131.html .

Die Ausstrahlung schildert detailliert die Situation in Deutschland, die Schweiz wird nur am Rande erwähnt. Aber - die – Sprüche der „Verantwortlichen“ sind die gleichen. Der deutsche Bundes-Innenminister Friedrich (Bayern, CSU): „Sicherheit ist ein Super-Grundrecht. Es hat Vorrang vor Freiheit und Menschenrechten.“
Der Kanzleramtsminister Pofalla. „Recht und Gesetz werden nach Angaben des NSA und des britischen Geheimdienst [sic!] in Deutschland eingehalten“.
Der Chef des deutschen Verfassungs[sic!]schutzes Maaßen: „Wir gehen davon aus [sic!], dass sich die Geheimdienste an deutsches Recht halten“.“Die Amerikaner spielen [sic!] ehrlich mit uns“.

7)-> „Schweiz am Sonntag“, vom 14.09.2013: „Geheimdienst-Aufsicht will Kooperation des NDB mit der NSA prüfen“;
„Entscheidend sei die Frage, welche Informationen der NDB mit der NSA austausche und «inwieweit diese Zusammenarbeit noch zu rechtfertigen ist», sagt auch GPDel-Mitglied und Nationalrätin Corina Eichenberger (FDP/AG). «Nachdem wir jetzt wissen, dass die NSA Grundrechte verletzt, muss die Kooperation von NDB und NSA überprüft werden.» Und weiter: «Es war immer klar, dass Nachrichtendienste so viel wie möglich wissen wollen. Was wir in den letzten Wochen über das Ausmass der NSA-Überwachung erfahren haben, erschreckt mich aber. »

8) -> Handelszeitung, vom 15.09.2013: „NDB und NSA kooperieren enger als bisher bekannt“;

Recherchen der Zeitung «Schweiz am Sonntag» zeigen, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer Geheimdienst NDB und dem umstrittenen US-Geheimdienst NSA enger ist als bisher bekannt. Das ZDF-Magazin «Zoom» hatte letzte Woche berichtet, dass die NSA zur Informationsbeschaffung direkten Zugriff auf Abhöranlagen in Dänemark und der Schweiz hat, namentlich die Onyx-Satellitenüberwachung in Leuk (VS) und Herrenschwanden (BE).
In diesen Anlagen filtert die Schweizer Armee im Auftrag des NDB E-Mails, Telefongespräche und Faxübertragungen gezielt nach Schlüsselwörtern. Einen direkten NSA-Zugriff dementierte der NDB jedoch umgehend: «Weder die NSA noch andere US-Dienste haben direkten Zugriff auf Daten».
Schweiz als NSA-Horchposten
Das ist wohl richtig, allerdings nur die halbe Wahrheit: Die NSA hat sowohl mit der Schweiz wie Dänemark eine geheime Vereinbarung abgeschlossen, welche den Austausch von Geheimdienstinformationen regelt, wie übereinstimmende Informationen der Zeitung «Schweiz am Sonntag» und ZDF-«Zoom» zeigen.
Die Vereinbarung berechtigt die NSA, eigene Schlüsselbegriffe in die Abhörsysteme beider Staaten einspeisen zu lassen. Im Tausch für damit gewonnene Erkenntnisse der schweizerischen und dänischen Auslandaufklärung erhält der NDB und der dänische Geheimdienst PET von der NSA Informationen, die sie im eigenen Land aufgrund gesetzlicher Schranken nicht selber sammeln dürfen. Das geheime Abkommen macht auch die Schweiz zu einem NSA-Horchposten.

9) -> „Basler Zeitung“, vom 13.09.2013: „Was der Schweizer Geheimdienst zum ZDF-Bericht sagt“; Link: http://bazonline.ch/schweiz/Was-der-Schweizer-Geheimdienst-zum-ZDFBericht-sagt/story/14226857 .
„Trifft die Schilderung des ZDF zu, hätte dies in der Schweiz zweifellos ein politisches Erdbeben zur Folge, denn gemäss Schweizer Gesetz ist der Betrieb solcher Anlagen durch einen fremden Nachrichtendienst ebenso im höchsten Mass verboten wie fremder Direktzugriff auf eine Anlage, die durch die Schweiz betrieben wird und ihr gehört“.

10)-> „die Raven Homepage“:“ Swiss ECHELON - Das ONYX / SATOS“;

11)->„Weltwoche“, 10/2005: „Abhörsystem - Was sagen Sie jetzt?“
„Der Fichenskandal war gestern, jetzt kommt Onyx: Das Abhörsystem kann jeden Bürger belauschen und ist so geheim, dass selbst Parlamentarier nur den Tarnnamen kennen“.

12)-> „Curia Vista – Geschäftsdatenbank“: 00.3629 – Interpellation: „Satellitenanlage in Leuk“;

Aus der Antwort des Bundesrates vom 09.03.2001: „Eine Tochtergesellschaft der Verestar, die Firma Maritime Telecommunications Network (MTN), offeriert Internet-, Sprach- und Datendienste sowohl für Kreuzfahrtschiffe und für offshore Öl- und Gasindustrie als auch für die US-Navy. MTN arbeitet auch für die Defense Information System Agency und das Space and Naval Warfare System Center. Diese beiden Organisationen …


… (zugehörig zum Departement of Defense) mögen zwar eine Verbindung zur ‚US Intelligence Community‘ haben“ …

Link: http://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Intelligence_Community.
[Die Navy IST mit dem ‚Office of Naval Intelligence (ONI)‘ Teil der ‚US Intelligence Community‘ - wie auch die NSA]

Die Firma Verestar betreibt jedoch nur Transit- und Access-Dienste in der Telekommunikation und hat daher keine Kenntnisse über den Inhalt der zu transportierenden Kundeninformationen. …
[trau, schau, wem!]
… Die Gesellschaft arbeitet nicht mit so genannten klassifizierten Daten, weder für behördliche Institutionen noch für andere Kunden.
Dies hat die Gesellschaft der Swisscom AG gegenüber versichert.

Fazit: Der Bundesrat verlässt sich auf eine Aussage der Swisscom. Die Parlamentarier schlucken das - das ist verantwortungslos!

m/Kommentar zum Datendiebstahl der Swisscom:
Vertrauen - ? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Manager auf den obersten Etagen der Swisscom kennen die drei 'K' nicht, oder sie sind zu bequem, sich entsprechend einzusetzen: Kommandieren, Kontrollieren, Korrigieren!
Datendiebstahl, Datenlecks: Es muss die Folge von Bequemlichkeit, Nachlässigkeit, Schludrigkeit oder/und Dummheit der Verantwortlichen auf den obersten Etagen sein: Keine Sicherungen, keine Zugangsbeschränkungen, weder bei Swisscom, noch beim militärischen Nachrichtendienst.
Die obersten Verantwortlichen der Swisscom sind zur Verantwortung zu ziehen, nach Möglichkeit zu bestrafen, weil sie verantwortlich sind. Das wird bei anderen Firmen/Verwaltungen seine Wirkung haben.

Haarsträubend: Die Swisscom realisiert den Diebstahl der Bänder nicht.*)

*)„NZZ“ vom 18.09.2013: „Entwendete Bänder bringen die Swisscom in Nöte“;
(Erst als sie von der NZZ die Bänder zugestellt bekommt, sagt die „Swisscom“ ganz erstaunt:
„Ja lueg emal da.)

Auf die Aussagen einer solchen Firma, bei der solche Schlampereien geschehen verlässt sich der Bundesrat!

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