Dieselaffäre:
Zeugen
belasten Audi-Chef Rupert Stadler schwer
„ARD“; Stand:
04.08.2017 18:00 Uhr; von Christine Adelhardt und Peter Hornung, „NDR
Hat Audi-Chef (CEO) Rupert Stadler von den
Abgasmanipulationen erst hinterher erfahren, wie er beteuert? Nein, sagen
Zeugen. Recherchen von „NDR“, „WDR“ und "SZ" zufolge behinderte er gar die Aufklärung der
Behörden.
Der
Vorstandsvorsitzende von Audi, Rupert Stadler, wird in der Dieselaffäre durch
Zeugenaussagen offenbar schwer belastet. Nach Informationen von „NDR“, „WDR“ und "Süddeutscher
Zeitung" soll Stadler die Aufklärung durch US-Umweltbehörden behindert
haben, indem er nach Bekanntwerden des Skandals Mitarbeiter angewiesen habe,
nur unvollständig Auskunft zu geben.
E
“tagesschau“, vom Freitag, den
04.08.2017, 20:00 Uhr, Christine Adelhardt/Svea Eckert, „NDR“
Anweisung an
Mitarbeiter vor Treffen mit US-Behörden
Der jetzige
Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner soll gemeinsam mit dem Audi-Chef Rupert Stadler die Aufklärung behindert haben.
Stadler soll demnach
im November 2015 zusammen mit anderen Audi-
und VW-Managern zu einem Treffen mit der US-Umweltbehörde EPA und der
kalifornischen Behörde für Luftreinhaltung CARB nach Detroit geflogen sein. Audi sollte dort zu
Manipulationsvorwürfen in der Abgasreinigung von 3,0-Liter-Motoren Stellung
nehmen.
Kurz vor dem Termin am 19.
November sollen Stadler und der jetzige Porsche-Entwicklungsvorstand
Michael Steiner Mitarbeiter angewiesen haben, eine vorbereitete
Präsentation so weit zu kürzen, dass Manipulationen nicht mehr erkennbar waren.
Das sagten mehrere Personen unabhängig voneinander gegenüber Ermittlern aus.
Enger
Vertrauter von VW-Konzernchef Müller
Steiner habe die
verkürzte Version den US-Behörden dann vorgetragen. Der Audi-Chef Stadler selbst
sei dem Treffen in der Stadt Ann Arbor nahe Detroit ferngeblieben und habe im
Hotel gewartet. Stadler beteuerte
stets, von den Abgasmanipulationen bei Audi
nichts gewusst und davon erst im Nachhinein erfahren zu haben. Pikant auch: Steiner gilt als enger Vertrauter von VW-Konzernchef Matthias Müller. Er war
nur drei Tage vor dem Termin in den USA von Müller mit der Aufklärung der Dieselaffäre betraut worden.
Mehrere
Präsentationen vorbereitet ...
Bereits im Oktober 2015 waren
mehrere Entwurfsfassungen einer Präsentation für die US-Behörden erstellt
worden. Daraus ist ersichtlich, dass Audi im betroffenen Motor drei
Abschalteinrichtungen einsetzt, die nach US-Recht illegal sind. Die Dokumente
konnten „NDR“, „WDR“ und „SZ“
einsehen.
In einer Präsentation wird auf
bis zu elf Seiten beschrieben, dass in der Motorsteuerung zwei Fahrprofile
hinterlegt sind. Bei vorsichtiger
Fahrweise wird Harnstoff (AdBlue) - der zur Abgasreinigung nötig ist - in
ausreichendem Maße eingespritzt. Bei forscherer Fahrweise jedoch wird die
Zufuhr reduziert. In Grafiken ist diese Deckelung, die zu einem erhöhten Stickstoffausstoß
führt, zudem klar erkennbar. In den USA ist dieses Vorgehen gesetzlich verboten.
Peter Hornung, NDR, zu den
Vorwürfen gegen Audi-Chef Stadler
“tagesschau24“ vom Samstag, den 05.08.2017, 11:00 Uhr
... und an
entscheidender Stelle gekürzt
Diese detaillierten
Präsentationen wurden den US-Behörden bei dem Termin im November dann
anscheinend nicht vorgelegt. In der
schließlich offenbar für den Termin erstellten Version der Präsentation wurden
vielmehr die Angaben zu zwei der drei Abschalteinrichtungen so weit gekürzt,
dass für die Behörden nicht mehr erkennbar war, dass diese illegal sind. So
findet sich nur noch eine Seite zur AdBlue-Dosierung ohne Hinweise auf
unterschiedliche Fahrprofile. Diese Kürzung
des Textes hätten Stadler und Steiner kurz vor dem Treffen angeordnet.
Illegale
Abschalteinrichtung erst später eingeräumt
Erst nach Monaten räumte Audi die Nutzung illegaler Abschalteinrichtungen in den USA ein.
Die US-Behörden konnten nach
diesem Termin deshalb zunächst lediglich eine der Softwarefunktionen als
unzulässig identifizieren. Erst im Mai 2016 legten Audi-Vertreter weitere Details offen.
Und
erst zwei Monate später - im Juli 2016 - gab Audi schließlich zu, dass es sich
dabei um ein sogenanntes Defeat Device, also eine illegale Abschalteinrichtung,
handelt.
Frühere
Audi-Mitarbeiter belasten Stadler
In einer am 6. Juli 2017
veröffentlichten Strafanzeige der US-Justiz wird ein ehemaliger Audi-Manager beschuldigt, zusammen mit
anderen die Anweisung gegeben zu haben, die Präsentation für diesen Termin zu
kürzen. Der Mann, der aufgrund der Ermittlungen der deutschen Justiz derzeit in
München in Haft sitzt, lässt diese Anschuldigung durch seinen Anwalt
zurückweisen.
Er und drei weitere Audi-Mitarbeiter, die im Zuge des
Dieselskandals im Februar 2017 entlassen wurden, könnten möglicherweise Licht
ins Dunkel bringen. Die Ex-Mitarbeiter klagen gegen ihre Kündigungen und
belasten Vorstandschef Stadler teils schwer. Audi will sich nun außergerichtlich einigen. Über den Inhalt der
Einigungsgespräche ist "strengstes Stillschweigen" vereinbart worden.
Die Anwälte der Betroffenen sind zu keinerlei Auskünften bereit.
Audi und VW-Konzern wollen sich nicht äußern
Der Volkswagen-Konzern sowie Audi
wollen sich zu den Vorgängen wegen
laufender Ermittlungen nicht äußern. Im Übrigen verweisen sie darauf, dass
im Zuge des Schuldeingeständnisses von VW
in den USA eine Sachverhaltsdarstellung (Statement of facts) veröffentlicht
wurde. Darin seien keine Hinweise auf Verfehlungen von Vorstandsmitgliedern
enthalten. Porsche will sich
ebenfalls nicht äußern, beteuert
aber, man arbeite weiter intensiv mit den Behörden zusammen.
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