„Council on
Foreign Relations“ sieht Hauptschuld an Ukraine-Krise beim Westen
- so ist es!
- so ist es!
“Foreign
Affairs” published by the 'Council on Foreign Relations' (CFR): “Why the Ukraine Crisis Is the West’s Fault”
– “The Liberal Delusions That Provoked Putin”; from our September/October 2014
Issue, by John J. Mearsheimer;
„Foreign
Affairs“ in „Wikipedia“; Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Foreign_Affairs
.
Text
"Telepolis", vom 26.08.2014; „Council on
Foreign Relations sieht Hauptschuld an Ukraine-Krise beim Westen"; Kommentar von Roman
Baudzus zu: “Why the Ukraine
Crisis Is the West’s Fault"; „Foreign Affairs “ published by the 'Council on
Foreign Relations'; vom 26.08.2014,: Link:
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42618/1.html
[Hervorhebungen im
Kommentar durch Rhoenblick]
Roman Baudzus ist Co-Gründer des Wirtschafts- und
Finanzblogs „wirtschaftsfacts“, Link: http://www.cashkurs.com/kategorie/wirtschaftsfacts/
, der sich stets auch mit geopolitischen Themen und Entwicklungen auseinandersetzt.
So
unglaublich diese Überschrift auch klingen mag, sie ist doch wahr
Als ich einen in der vergangenen Woche publizierten
Bericht in "Foreign Affairs", dem medialen Sprachrohr des „Council on Foreign
Relations“ (CFR) überflog, musste ich mir erst einmal kräftig die Augen reiben,
um mir bewusst zu werden, ob ich auch wirklich richtig gelesen hatte. Der CFR
ist einer der weltweit vier wichtigsten privaten Think Tanks und unter anderem
eng mit Chatham House verwoben.
Immerhin steht Chatham House unter der Schirmherrschaft
der britischen Queen Elizabeth II. Einzelne Schlüsselprojekte [von CFR] werden
laut „wikipedia.de“ durch die Rockefeller-Stiftung, die Konrad Adenauer
Stiftung, die NATO und die Europäische Union finanziert. Dem Gros der
westlichen Mainstreammedien war dieser Bericht bisher keine Silbe wert.
Wie passt das im Angesicht der aktuellen
Entwicklungen in der Ukraine
alles noch zusammen?
Wer sich an den zu
Beginn dieses Jahres erfolgten Putsch in der Ukraine erinnert, wird sich
darüber gewahr sein, dass das amerikanische Aussenministerium in den letzten
Jahren nach eigener Aussage mehr als $ 5 Milliarden in Massnahmen investierte,
die dazu beitragen sollten, die Ukraine politisch und wirtschaftlich in die
Arme des Westens zu treiben. In diesem Zuge bleibt das abgehörte und auf
Youtube veröffentlichte Telefongespräch zwischen Geoffrey Pyatt, dem
US-Botschafter in Kiew, und der stellvertretenden US-Aussenministerin Victoria
Nuland unvergessen. Darin fiel auch der inzwischen berühmt gewordene Satz "Fuck the EU".
Wir wollen in diesem Kontext auch nicht vergessen, dass
Victoria Nuland ehedem Beraterin von US-Vizepräsident Dick Cheney und zwischen
2005 und 2008 US-Botschafterin bei der NATO gewesen ist. Der Kreis schliesst
sich, wenn man bedenkt, dass Victoria Nuland mit Robert Kagan, Politikberater
in Washington und einer der bekanntesten Neokonservativen (Neocons) in den
Vereinigten Staaten, verheiratet ist. ´
Kommen wir nun zurück auf "Foreign Affairs", den medialen
Arm des Council on Foreign Relations - dem amerikanischen Gegenstück zu Chatham
House -, eine Publikation, die in einem Turnus von allen zwei Monaten
veröffentlicht wird.
Dort heisst es in der Ausgabe September/Oktober 2014 in
einem Bericht von John Mearsheimer in der Überschrift wie folgt:
Dieser Bericht liest sich - so unglaublich es auch
anmuten mag - wie eine lange Litanei der kritischen Auseinandersetzung mit der
Vorgehensweise des Westens, der die Schuld an der stetig eskalierenden Lage in
der Ukraine allein Russland in die Schuhe zu schieben gedenkt. Da werde in den
offiziellen Regierungsstäben, dem Vorsitz der NATO und westlichen Medien der
Eindruck einer Annexion der Halbinsel Krim durch Russland das Wort geredet.
Diese Annexion sei laut offiziellen Verlautbarungen des
Westens lediglich als Auftakt zur eigentlichen Zielerreichung des Moskauer
Kremls zu interpretieren. Und diese Ziele setzten sich allein aus weiteren
Gebiets- und Territorialexpansionen in der Ukraine und anderen osteuropäischen
Staaten zusammen, ganz im Sinne einer anvisierten Revitalisierung der einstigen
Sowjetunion.
Jedoch - „Foreign Affairs“
Autor John Maersheimer kommt in seiner Analyse hingegen zu ganz anderen
Ergebnissen: nämlich, dass Washington und dessen europäische Verbündete die
Hauptschuld an der Ukraine-Krise trügen. Wer es nicht glaubt, hier sei ein
Zitat aus seinem Originalbericht eingestellt. Dort heisst es:
„But this account is wrong:
the United States and its European allies
share most the responsibility for the
crisis“.
Was eindeutig
hinter den Aktivitäten des Westens stecke, sei "das Ziel einer Erweiterung
der NATO, die Ukraine vom Einfluss Russlands zu befreien und das Land in die
westliche Sphäre zu integrieren".
Dass die
Einkreisungspolitik der NATO gegenüber Russland dabei genauso aggressiv wirken
muss, wie dies jeweils auch im Hinblick auf China und den Iran der Fall ist,
will westlichen Regierungsoffiziellen vielleicht nicht einleuchten oder es
kümmert sie ganz einfach nicht.
Im Herzen Europas wird auf diese Weise der Weg für einen
neuen Krieg geebnet. Wir alle müssen uns hinterfragen, ob wir ein solches
Resultat nach den historischen Ereignissen des Ersten und Zweiten Weltkriegs
tatsächlich noch einmal auf europäischem Boden erleben wollen. Die Antwort auf
diese Frage muss, kann und darf nur NEIN lauten!
Und dieses NEIN sollten wir Washington, das ganz
offensichtlich seine eigenen und selbstsüchtigen Ziele im Vorhof des russischen
Bären verfolgt
- Stichwort:
Gasexploration -> siehe Hunter Bidens Berufung ins Board des größten
ukrainischen Gasproduzenten Burisma Holdings, Ausverkauf von ukrainischem
Agrarland an ausländische Investoren, auf dessen Basis Lebensmittelprodukte für
die ukrainische Bevölkerung demnächst unerschwinglich werden dürften, sowie
Sicherung und angestrebte Kontrolle der durch die Ukraine führenden
Pipelinerouten nach Europa -
entgegen rufen.
Der Krieg in der Ostukraine und der IWF
Einige Leser werden sich vielleicht die Frage stellen,
warum es im Angesicht der humanitären Lage in der Ukraine nicht endlich zu
Gesprächen um einen Waffenstillstand zwischen dem durch den Westen hofierten
Putschregime in Kiew und den ostukrainischen Separatisten kommt?
Die Antwort auf
diese Frage könnte sich aus einem jüngst publizierten Strategiepapier des
Internationalen Währungsfonds (IWF) ableiten, in dem es heisst, dass Kiew zur
Sicherung und zum Erhalt seiner mit dem IWF vereinbarten Bailout-Tranchen in
einer Gesamthöhe von $ 17 Milliarden unbedingt die gegen Kiew aufbegehrenden
Regionen im Osten und Süden des Landes wieder unter seine politische und militärische
Kontrolle bekommen müsse.
Andernfalls dürfte
diese Bailout-Zusage im Angesicht einer immer stärker abstürzenden Hrywna sowie
einer explodierenden Auslandsverschuldung, die zuletzt die Marke von $ 140
Milliarden erreichte, auf der Kippe stehen. Berechtigte Frage ist und bleibt,
auf welche Weise diese immense Staatsverschuldung im Angesicht einer gegenüber
dem US-Dollar seit 2007 um mehr als 65% abwertenden Hrywna jemals zurückgezahlt
werden soll?
Die Provokation durch das Raketenabwehrsystem
Ich möchte an dieser Stelle noch auf einen anderen Faktor
eingehen, den insbesondere Dr. Paul Craig Roberts, ehedem stellvertretender
Finanzminister der Vereinigten Staaten in der Regierung von Ronald Reagan und
einst Mitherausgeber des „Wall Street Journal“, in letzter Zeit immer wieder in
den Vordergrund seiner Analysen rückte.
Unter dem Vorwand, Europa gegen nicht existente
Atomraketen aus dem Iran zu schützen, werde sowohl in Washington als auch in
der NATO der Plan verfolgt, einen Teil eines neuen Raketenabwehrsystems
(anti-ballistic missile bases oder kurz ABMs) in der Ukraine zu installieren,
das selbstverständlich nur gegen Russland gerichtet sein könne.
Die auch durch „Foreign-Affairs“-Autor
Maersheimer angesprochene Einkreisungspolitik Russlands durch die NATO könne
eigentlich nur dem strategischen Langfristziel dienen, um sich mit Hinblick auf
einen potenziellen Atomkrieg einen Vorteil gegenüber Russland durch die
Installation eines derartigen Raketenschirms zu verschaffen.
Dr. Paul Craig Roberts bezieht sich in seiner Analyse
nicht nur auf seine eigenen Erfahrungen und Quellen, über die er im politischen
Washington nach wie vor in Hülle und Fülle verfügt, sondern bezog sich in einem
seiner eigenen Berichte vom 30. Mai 2014 ebenfalls auf einen Report in "Foreign
Affairs", der seiner Ansicht nach Grund zur Skepsis und vor allem Besorgnis sei.
Danach sei die
Tatsache beängstigend, dass die Neocons, welche die US-Außenpolitik bestimmten,
fest davon überzeugt seien, dass die Vereinigten Staaten das Recht auf einen
"präventiven Nuklearschlag" gegenüber Russland hätten. Die diesem
haarsträubenden Gedanken zugrundeliegende Theorie namens "The Rise of U.S.
Nuclear Primacy" wurde im Jahr 2006 formuliert, um - wie weiter oben
angesprochen - ebenfalls in „Foreign Affairs des Council on Foreign Relations“
veröffentlicht zu werden.
Dieser Theorie liegt der gefährliche Gedanke zugrunde,
dass die USA einen erfolgreichen Atomarerstschlag gegenüber Russland (und
vielleicht auch China) durchzuführen imstande seien, um in diesem Zuge die
Atomarsenale beider Staaten zu zerstören. Wie gefährlich allein nur der feste
Glaube an ein solches Szenario unter führenden Köpfen in Washington ist, zeigt
auf, wie groß die Risiken sind, die sich aus einer nahezu unfassbaren
Selbstüberschätzung dieser Neocon-Strategen ableiten.
Man stelle sich vor, was im Westen los wäre, wenn
Russland - wie seinerzeit die Regierung der Sowjetunion - den Versuch
unternehmen würde, ein ähnliches Raketenabwehrsystem oder gar eigene
Atomraketen in Venezuela, auf Kuba oder in Nicaragua zu installieren. Eine
Reihe von Lesern wird sich an die damalige Kuba-Krise gewiss noch gut erinnern
können, welche die Welt an den Rand des Ausbruchs eines Dritten Weltkriegs
brachte.
Gerade mit Blick auf die aktuellen Ereignisse ist es mehr
als nur verwunderlich, wenn mit „Foreign Affairs“ ein führendes mediales
Sprachrohr der amerikanischen Neocons nun plötzlich dem Westen - und somit in
erster Linie Washington - die Hauptschuld am Entstehen der Ukraine-Krise
anlastet. Autor Maersheimer erteilt Russlands Staatspräsident Putin fast schon
Absolution, wenn es in seinem Bericht heisst, dass eine demokratisch
legitimierte Regierung in Kiew aus dem Amt geputscht wurde, worauf Putin die Halbinsel Krim besetzt habe, in
der Furcht, dass die NATO dort ansonsten eine eigene Marinebasis eingerichtet
hätte.
Russlands Staatspräsident Wladimir Putin sei kaum etwas
anderes übrig geblieben, als sich den andauernden Destabilisierungsbemühungen
des Westens im russischen Vorhof mit Verve entgegen zu stellen.
Mit Blick auf China kommt „Foreign Affairs“ Autor
Maersheimer ebenfalls zu einem von dieser Seite gänzlich unerwarteten
Analyseergebnis. Es heisst in
seinem Bericht wörtlich:
„Creating
a crisis:
Imagine
the American outrage if China built an impressive military alliance
and tried to
include Canada and Mexico”.
Nun, was lässt sich dazu noch sagen? Leser, die des
Englischen mächtig sind, sollten den Bericht von John Maersheimer definitiv in
Gänze durchlesen. Es lohnt sich! Welche
Beweggründe dahinterstecken mögen, dass sich die aktuelle Ausgabe von „Foreign
Affairs" des 'Council on Foreign Relations' derart kritisch mit den geopolitischen
Strategien Washingtons und des Westens auseinandersetzt, vermag ich nicht zu
sagen.
Ich halte diese Entwicklung ehrlich gesagt für ein
kleines Wunder. Und damit möchte ich abschliessend auf die eingangs gestellte
Frage zu diesem Bericht zurückkommen, die da lautete:
Wie
passt das im Angesicht der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine
alles
noch zusammen?
Die Crux im Hinblick auf meine Frage ist, dass ich den
Protagonisten, die seit dem Ende des Ersten Weltkriegs massgeblich die
Geschicke in der Welt und die Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten mit
bestimmen, derart viel Selbstkritik einfach nicht zutraue.
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