"Gastkommentar zu Bankkunden-Daten:
Und immer wieder reitet die Kavallerie"
"NZZ", vom 16.12.2013, von Robert U. Vogler, Historiker; Link: http://www.nzz.ch/meinung/debatte/und-immer-wieder-reitet-die-kavallerie-1.18205201Das Sündenregister der UBS und einiger anderer Schweizer Banken ist lang, was die Verfehlungen bei Bankgeschäften in anderen Ländern angeht. Aber noch viel umfangreicher sind die Aktivitäten von Ausländern in der Schweiz, wenn es um die Spionage zulasten von ausländischen Bankkunden geht. Weit verbreitet ist der Glaube, die Versuche ausländischer Mächte, auf illegalen Wegen die Hand auf die Vermögen ihrer Bürger in der Schweiz zu legen, seien erst vor wenigen Jahren mit dem Einsatz von Daten-CD aus Schweizer Banken erfunden worden. Dabei handelt es sich aber um eine «Disziplin», die seit langem die Schweiz immer wieder heimsucht, wie einige krasse Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Nachdem die Schweiz die unflätigen Kavallerie-Attacken des ehemaligen deutschen Finanzministers und gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück über sich hat ergehen lassen müssen, stellt sich die Frage, ob die illegale Beschaffung von Kundendaten Geschichte wird oder ob die Kavallerie wieder gegen die Schweiz reiten wird. Blickt man auf die letzten bald hundert Jahre zurück, so darf für die nähere Zukunft wohl keine Entwarnung erwartet werden.
...
Der schweizerische Handelsattaché Edouard Feer informierte im Oktober 1931 die Schweizerische Bankiervereinigung, «dass auf illegitimem Weg Mitteilungen über Anlagen in der Schweiz an deutsche Finanzämter gelangen könnten», und wies darauf hin, dass «Finanzbeamte versuchen, mit schweizerischen Bankangestellten in Verbindung zu treten, um sich auf diese Weise Material zu beschaffen, das ihnen in ihrer Karriere förderlich sein könnte». Im selben Jahr erlangte der Fall des Deutschen Arthur Pfau gewisse Bedeutung. Die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) in Zürich verlangte dessen Ausweisung durch die Fremdenpolizei, sie hatte den Kontakt zwischen «Steuerschnüfflern» und gewissen deutschen Landesfinanzämtern erkannt. Ähnliche Fälle spielten sich 1932 in St. Gallen, Schaffhausen und wiederum in Zürich ab.
...
Mittlerweile ist in der Öffentlichkeit angelangt, was man schon länger hätte wissen können, wenn man nur gewollt hätte, dass nämlich auch Nachrichtendienste befreundeter Nationen sich übers Kreuz aushorchen. Das tut auch die Empörungsrepublik Deutschland. Man lehnt die Abhöraktivitäten und Wirtschaftsspionage der USA, das Aushorchen des Handys der Kanzlerin ab, wendet aber gegenüber dem nachbarlichen Kleinstaat mit der Verwendung gestohlener Bankdaten mit Genehmigung durch das höchste Gericht ähnliche Methoden an. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte nämlich in einem Grundsatzurteil von 2010 die Nutzung von Daten auf Steuer-CD bei der Strafverfolgung zwar gebilligt, ging allerdings davon aus, dass nur angebotene Daten entgegengenommen werden, nicht aber ihre Beschaffung veranlasst wird. Aber: 2010 verurteilte das Bundesstrafgericht in Bellinzona einen ehemaligen Credit-Suisse-Mitarbeiter wegen Lieferung von Bankdaten an deutsche Steuerbehörden. Der Fall zeigte klar auf, dass die deutschen Behörden bei der Datenbeschaffung aktiv ihre Wünsche eingebracht hatten.
Der Heuchelei sind keine Grenzen gesetzt, auch nicht in Zukunft.
Rhoenblicks Kommentar:
Ein äusserst wertvoller Beitrag. Er gibt den aktuellen Übergriffen bzw. entsprechenden Versuchen von Staaten wie Deutschland, Frankreich, USA gegenüber unserem Land die dringend notwendige historische Tiefe.
Eminent wichtig ist die Betrachtung: "Analysiert man die Haltung gewisser deutscher Bundes-, Landes- und Parteipolitiker in jüngster Zeit gegenüber der Schweiz, so stellt man
fest: Sie verhalten sich ganz anders als gegenüber jenen Ländern, die Opfer der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg waren. Gegenüber Nachbarn wie Polen oder Luxemburg hätten diese Politiker sich wohl kaum je erlauben können, derart arrogant wie gegenüber der Schweiz aufzutreten. Hätte der SPD-Politiker Franz Müntefering – «Früher hätte
man da Soldaten hingeschickt» – es gewagt, eine solche Aussage zu machen?"
Damit ist die grassierende Arroganz der deutschen Politiker-Kaste höflich aber deutlich festgehalten.
"NZZ":
„Amtshilfe in Steuersachen -
Das Tabu der gestohlenen Bankdaten"
„NZZ“, vom 13.12.2013; von Hansueli Schöchli;Link: http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/das-tabu-der-gestohlenen-bankdaten-1.18203569
Der Nationalrat stimmt für die
Minimalvariante zur Revision des Amtshilfegesetzes
Die bürgerliche
Mehrheit im Nationalrat lehnt es ab, Steueramtshilfe auf Basis gestohlener
Daten zu ermöglichen. FDP-Nationalrat Ruedi Noser hat aber eine Idee, wie
die Blockade von fast 500 Amtshilfegesuchen aus Indien zu beenden ist.
hus. Bern · Das langjährige Rückzugsgefecht der Schweiz um Bankgeheimnis und Steuertransparenz folgt einem bekannten Muster. Ausländischer Druck treibt den Bundesrat zum Handeln, im Parlament wehrt sich die SVP gegen das «Einknicken», der links-grüne Block stützt dagegen den Bundesrat oder will noch deutlich weiter gehen, und am Ende bestimmen die Mitteparteien die Mehrheitsposition. Diese läuft meist darauf hinaus, zähneknirschend das unbedingt Nötige zu tun, um vom internationalen Pranger wegzukommen.
Schon revisionsbedürftig
So läuft es derzeit auch mit der Revision des Gesetzes zur Amtshilfe in Steuersachen. Das Gesetz ist zwar erst seit diesem Februar in Kraft, doch es ist bereits revisionsbedürftig. Der Kernpunkt der Revision betrifft die von den Globalstandards geforderte Ausnahmeklausel. Demnach muss die Schweiz Bankdaten mindestens in Ausnahmefällen auch ohne Vorinformation der Betroffenen ins Ausland liefern. Die SVP wollte am Donnerstag im Nationalrat von einer Ausnahmeklausel nichts wissen, da eine solche Klausel die Persönlichkeitsrechte massiv einschränke. Links-grüne Votanten setzten sich dagegen für die ursprüngliche Variante des Bundesrats ein. In dieser Version könnte die Schweiz Daten ohne Vorinformation des Betroffenen ins Ausland liefern, wenn die ausländische Behörde glaubhaft mache, dass die Vorinformation den Zweck der Amtshilfe oder den Erfolg der ausländischen Untersuchung vereiteln würde. Die Mehrheit der Wirtschaftskommission wollte die beiden genannten Bedingungen dagegen kumulativ verankern («und» statt «oder»). Rechtlich seien die Unterschiede nicht gross, betonte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Doch die vom Bundesrat vorgeschlagene «Oder»-Version entspreche den OECD-Standards; mit einer Abweichung davon riskiere die Schweiz neue Schwierigkeiten.
Doch die bürgerliche Ratsmehrheit unterstützte die strengere Formulierung. Deklarierter Hauptgrund: Für diese Ausnahmeklausel brauche es aus rechtsstaatlichen Gründen hohe Hürden. Auch diese Formulierung erfülle wohl die internationalen Standards. Mehrere bürgerliche Votanten deuteten aber an, dass der Ständerat die Sache nochmals unter die Lupe nehmen sollte.
hus. Bern · Das langjährige Rückzugsgefecht der Schweiz um Bankgeheimnis und Steuertransparenz folgt einem bekannten Muster. Ausländischer Druck treibt den Bundesrat zum Handeln, im Parlament wehrt sich die SVP gegen das «Einknicken», der links-grüne Block stützt dagegen den Bundesrat oder will noch deutlich weiter gehen, und am Ende bestimmen die Mitteparteien die Mehrheitsposition. Diese läuft meist darauf hinaus, zähneknirschend das unbedingt Nötige zu tun, um vom internationalen Pranger wegzukommen.
Schon revisionsbedürftig
So läuft es derzeit auch mit der Revision des Gesetzes zur Amtshilfe in Steuersachen. Das Gesetz ist zwar erst seit diesem Februar in Kraft, doch es ist bereits revisionsbedürftig. Der Kernpunkt der Revision betrifft die von den Globalstandards geforderte Ausnahmeklausel. Demnach muss die Schweiz Bankdaten mindestens in Ausnahmefällen auch ohne Vorinformation der Betroffenen ins Ausland liefern. Die SVP wollte am Donnerstag im Nationalrat von einer Ausnahmeklausel nichts wissen, da eine solche Klausel die Persönlichkeitsrechte massiv einschränke. Links-grüne Votanten setzten sich dagegen für die ursprüngliche Variante des Bundesrats ein. In dieser Version könnte die Schweiz Daten ohne Vorinformation des Betroffenen ins Ausland liefern, wenn die ausländische Behörde glaubhaft mache, dass die Vorinformation den Zweck der Amtshilfe oder den Erfolg der ausländischen Untersuchung vereiteln würde. Die Mehrheit der Wirtschaftskommission wollte die beiden genannten Bedingungen dagegen kumulativ verankern («und» statt «oder»). Rechtlich seien die Unterschiede nicht gross, betonte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Doch die vom Bundesrat vorgeschlagene «Oder»-Version entspreche den OECD-Standards; mit einer Abweichung davon riskiere die Schweiz neue Schwierigkeiten.
Doch die bürgerliche Ratsmehrheit unterstützte die strengere Formulierung. Deklarierter Hauptgrund: Für diese Ausnahmeklausel brauche es aus rechtsstaatlichen Gründen hohe Hürden. Auch diese Formulierung erfülle wohl die internationalen Standards. Mehrere bürgerliche Votanten deuteten aber an, dass der Ständerat die Sache nochmals unter die Lupe nehmen sollte.
600 Gesuche
blockiert
Der zweite Aufreger der Debatte betraf die Behandlung ausländischer Amtshilfegesuche, die auf gestohlenen Daten beruhen. Vor allem Indien, das gestohlene Kundendaten der Bank HSBC Schweiz via Frankreich erhalten hatte, beklagte sich darüber, dass die Schweiz auf entsprechende Amtshilfegesuche abschlägig reagiere. Der Vorschlag des Bundesrates, künftig Amtshilfegesuche auf Basis gestohlener Daten zu berücksichtigen, sofern der gesuchstellende Staat die Daten nicht selber gestohlen oder gekauft hat, war in der Vernehmlassung durchgefallen.
Der zweite Aufreger der Debatte betraf die Behandlung ausländischer Amtshilfegesuche, die auf gestohlenen Daten beruhen. Vor allem Indien, das gestohlene Kundendaten der Bank HSBC Schweiz via Frankreich erhalten hatte, beklagte sich darüber, dass die Schweiz auf entsprechende Amtshilfegesuche abschlägig reagiere. Der Vorschlag des Bundesrates, künftig Amtshilfegesuche auf Basis gestohlener Daten zu berücksichtigen, sofern der gesuchstellende Staat die Daten nicht selber gestohlen oder gekauft hat, war in der Vernehmlassung durchgefallen.
[Die
OECD-Standards erfordern derzeit nicht, dass auf gestohlenen Daten beruhende
Steueramtshilfegesuche positiv zu beantworten sind. „Steueramtshilfe bei
gestohlenen Daten bleibt tabu“
„NZZ“,
vom 16.10.2013;von Hansueli Schöchli; Link:
http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/steueramtshilfe-bei-gestohlenen-daten-bleibt-tabu-1.18168735
]
Im Nationalrat scheiterte ein ähnlicher links-grüner Antrag ebenfalls
deutlich. Eine Lockerung würde laut den Gegnern den Wert gestohlener Daten und
damit die Anreize für Diebstahl noch steigern.
Im kommenden Zeitalter des automatischen
Informationsaustauschs dürfte der Datendiebstahl im Steuerkontext stark an
Bedeutung verlieren. In der Übergangsphase erscheint die politische Symbolik
aber noch gewichtig.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Minimalversion der Vorlage mit 130 zu 55 Stimmen an. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat die Schweiz in den letzten drei Jahren etwa 3000 Gesuche um Steueramtshilfe aus dem Ausland erhalten. Davon seien rund 600 noch «offen» - vor allem wegen der beiden Knackpunkte Datendiebstahl und Vorinformation. Fast 500 der blockierten Anfragen stammen gemäss Widmer-Schlumpf aus Indien. Wie der Zürcher FDP-Nationalrat Ruedi Noser im Gespräch betonte, sollte die Schweiz die entsprechenden Daten bereits unter geltendem Gesetz nach Indien liefern. Seine Interpretation: Frankreich habe die vom Ex-HSBC-Angestellten zugespielten Daten verschlüsselt erhalten und sie erst aufgrund der von der Schweiz gelieferten Entschlüsselung lesen können und dann Teile davon nach Indien weitergereicht. Deshalb lasse sich nicht sagen, dass die indischen Amtshilfegesuche auf «gestohlenen Daten» beruhen. Diese phantasiereiche Interpretation soll wohl das Problem mit Indien lösen, ohne dass die Schweiz die Politsymbolik («keine Amtshilfe bei Datendiebstahl») formell aufgeben müsste. Man kann das Schlaumeierei nennen. Oder auch Pragmatismus [Nicht zum ersten Mal bewegt sich NR Noser (fdp./ZH) auf glitschigem Boden: Frankreich stiehlt in der Schweiz Steuerdaten deutscher Staatsbürger bzw. kauft solche gestohlenen Daten und Deutschland solche französischer Staatsbürger - dann werden die Daten ausgetauscht; nach Noser sind es dann keine gestohlenen Daten mehr - die Schweiz muss Amtshilfe in Steuersachen leisten!]
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Minimalversion der Vorlage mit 130 zu 55 Stimmen an. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Laut Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat die Schweiz in den letzten drei Jahren etwa 3000 Gesuche um Steueramtshilfe aus dem Ausland erhalten. Davon seien rund 600 noch «offen» - vor allem wegen der beiden Knackpunkte Datendiebstahl und Vorinformation. Fast 500 der blockierten Anfragen stammen gemäss Widmer-Schlumpf aus Indien. Wie der Zürcher FDP-Nationalrat Ruedi Noser im Gespräch betonte, sollte die Schweiz die entsprechenden Daten bereits unter geltendem Gesetz nach Indien liefern. Seine Interpretation: Frankreich habe die vom Ex-HSBC-Angestellten zugespielten Daten verschlüsselt erhalten und sie erst aufgrund der von der Schweiz gelieferten Entschlüsselung lesen können und dann Teile davon nach Indien weitergereicht. Deshalb lasse sich nicht sagen, dass die indischen Amtshilfegesuche auf «gestohlenen Daten» beruhen. Diese phantasiereiche Interpretation soll wohl das Problem mit Indien lösen, ohne dass die Schweiz die Politsymbolik («keine Amtshilfe bei Datendiebstahl») formell aufgeben müsste. Man kann das Schlaumeierei nennen. Oder auch Pragmatismus [Nicht zum ersten Mal bewegt sich NR Noser (fdp./ZH) auf glitschigem Boden: Frankreich stiehlt in der Schweiz Steuerdaten deutscher Staatsbürger bzw. kauft solche gestohlenen Daten und Deutschland solche französischer Staatsbürger - dann werden die Daten ausgetauscht; nach Noser sind es dann keine gestohlenen Daten mehr - die Schweiz muss Amtshilfe in Steuersachen leisten!]
„Nationalrat versenkt Steuerabkommen mit Paris“
„NZZ“, vom 13.12.2013;
von Markus Häfliger, Bern; Link: http://epaper.nzz.ch/nzz.asp?ticket=ST-2342368-kBx0fdm1eeWPpqcIx9A9-nzzosc
auch: „Parlament zeigt dem Bundesrat die rote
Karte“,
„NZZ“, vom 12.12.2013; von Markus Häfliger; Link: http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/parlament-zeigt-dem-bundesrat-die-rote-karte-1.18203508
„NZZ“, vom 12.12.2013; von Markus Häfliger; Link: http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/parlament-zeigt-dem-bundesrat-die-rote-karte-1.18203508
Das neue
Erbschaftssteuerabkommen hat in der grossen Kammer keine Chance - jetzt droht
der vertragslose Zustand.
Nach der «Lex USA» lehnt der Nationalrat auch die «Lex Frankreich» ab.
Nach der «Lex USA» lehnt der Nationalrat auch die «Lex Frankreich» ab.
Kein Vertrag sei immer noch
besser als dieser schlechte Vertrag, lautet das Verdikt über das
Erbschaftssteuerabkommen mit Paris.
Selten hat der Bundesrat im Parlament eine derart klare Abfuhr erlebt. Nur eine einzige Fraktion unterstützt das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich, das der Bundesrat ausgehandelt hat - und dies ist pikanterweise die grüne Fraktion, die nicht im Bundesrat vertreten ist. Von den Bundesratsparteien steht nicht eine vorbehaltlos hinter dem Abkommen. Selbst die BDP, die Eveline Widmer-Schlumpf sonst meist loyal folgt, enthielt sich der Stimme. Schliesslich beschloss der Nationalrat am Donnerstag mit 122 gegen 53 Stimmen und 11 Enthaltungen, gar nicht auf die Vorlage einzutreten.
Selten hat der Bundesrat im Parlament eine derart klare Abfuhr erlebt. Nur eine einzige Fraktion unterstützt das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich, das der Bundesrat ausgehandelt hat - und dies ist pikanterweise die grüne Fraktion, die nicht im Bundesrat vertreten ist. Von den Bundesratsparteien steht nicht eine vorbehaltlos hinter dem Abkommen. Selbst die BDP, die Eveline Widmer-Schlumpf sonst meist loyal folgt, enthielt sich der Stimme. Schliesslich beschloss der Nationalrat am Donnerstag mit 122 gegen 53 Stimmen und 11 Enthaltungen, gar nicht auf die Vorlage einzutreten.
In der Debatte wurde rasch deutlich, in welchem
Landesteil das Thema am meisten bewegt. Vor allem welsche Parlamentarier
drängten sich ans Rednerpult und empörten sich in zum Teil drastischen Worten
über ihren grossen Nachbarn. In der Romandie wird unter anderem befürchtet,
reiche Franzosen könnten wegen des neuen Abkommens wegziehen. Christian Lüscher
(fdp., Genf) sprach von französischem «Steuer-Imperialismus», Jean-François
Rime (svp., Freiburg) bezeichnete den französischen Fiskus als
«konfiskatorisch».
180 000 Schweizer
Deutschschweizer Bürgerliche drückten sich etwas gemässigter aus, aber auch sie hielten den Vertrag für inakzeptabel, weil er zu einseitig den Interessen Frankreichs diene. Dass das neue Erbschaftssteuerabkommen für die Schweiz deutlich schlechter ist als das alte von 1953, wird auch vom Bundesrat nicht bestritten. Finanzministerin Widmer-Schlumpf warb dennoch für eine Zustimmung, weil das vorliegende Abkommen immer noch besser sei als gar keines. Frankreich wollte das alte Abkommen ursprünglich sogar ersatzlos kündigen. Für Widmer-Schlumpf hat das neue Abkommen immerhin den Vorteil, dass die 180 000 Schweizer, die in Frankreich leben, eine gewisse Rechtssicherheit bekämen. Zudem argumentierte sie, in gewissen Fällen könne das Abkommen verhindern, dass Schweizer doppelt besteuert würden - wie bedeutend dieser theoretische Nutzen in der Praxis wäre, ist aber unklar.
Für die Gegner des Abkommens sind diese Vorteile jedenfalls zu gering, um eine Zustimmung zu rechtfertigen. Das Argument der Rechtssicherheit liess Jean-René Germanier (fdp., Wallis) nicht gelten. Er verwies auf eine Missbrauchsklausel im Abkommen; diese Klausel öffne bei der Interpretation des Abkommens der französischen Willkür Tür und Tor, sagte Germanier.
180 000 Schweizer
Deutschschweizer Bürgerliche drückten sich etwas gemässigter aus, aber auch sie hielten den Vertrag für inakzeptabel, weil er zu einseitig den Interessen Frankreichs diene. Dass das neue Erbschaftssteuerabkommen für die Schweiz deutlich schlechter ist als das alte von 1953, wird auch vom Bundesrat nicht bestritten. Finanzministerin Widmer-Schlumpf warb dennoch für eine Zustimmung, weil das vorliegende Abkommen immer noch besser sei als gar keines. Frankreich wollte das alte Abkommen ursprünglich sogar ersatzlos kündigen. Für Widmer-Schlumpf hat das neue Abkommen immerhin den Vorteil, dass die 180 000 Schweizer, die in Frankreich leben, eine gewisse Rechtssicherheit bekämen. Zudem argumentierte sie, in gewissen Fällen könne das Abkommen verhindern, dass Schweizer doppelt besteuert würden - wie bedeutend dieser theoretische Nutzen in der Praxis wäre, ist aber unklar.
Für die Gegner des Abkommens sind diese Vorteile jedenfalls zu gering, um eine Zustimmung zu rechtfertigen. Das Argument der Rechtssicherheit liess Jean-René Germanier (fdp., Wallis) nicht gelten. Er verwies auf eine Missbrauchsklausel im Abkommen; diese Klausel öffne bei der Interpretation des Abkommens der französischen Willkür Tür und Tor, sagte Germanier.
Verschiedene Votanten warnten auch vor einem Präjudiz,
das andere Staaten erst auf den Geschmack bringen könnte. Wenn man schon nicht
verhindern könne, dass ein ausländischer Staat Schweizer Immobilien besteuere,
so dürfe das Parlament dem nicht auch noch seinen offiziellen Segen erteilen.
Aufwind für Erbschaftssteuer?
Laut dem Kommissionssprecher Thomas Maier (glp., Zürich) verstösst das Abkommen auch gegen international anerkannte Besteuerungsgrundsätze. «Frankreich hätte so die Möglichkeit, Erbschaften zu besteuern, die in keiner Verbindung zu seinem Staatsgebiet stehen.» Widmer-Schlumpf erklärte demgegenüber, der Vertrag entspreche dem einschlägigen OECD-Musterabkommen und sei insofern «nichts Neues».
Support bekam Widmer-Schlumpf von den Grünen. «Die Schweiz kann Frankreich nicht vorschreiben, ob und wie es Erbschaften besteuern will», sagte Louis Schelbert (gps., Luzern). Die Grünen hoffen zudem, dass das Abkommen mit Frankreich (das Erbschaften zum Teil zu Sätzen von 45 Prozent besteuert) die Volksinitiative für eine Erbschaftssteuer beflügeln könnte. «Möglicherweise ist ein guter Teil des Widerstands gegen dieses Abkommens genau darauf zurückzuführen», mutmasste Schelbert. Auch die SP findet es grundsätzlich positiv, wenn Erbschaften besteuert werden, wie Jacques-André Maire (sp., Neuenburg) ausführte. Die SP wollte deshalb auf das Abkommen eintreten, es aber zur Nachverhandlung an den Bundesrat zurückweisen.
Laut dem Kommissionssprecher Thomas Maier (glp., Zürich) verstösst das Abkommen auch gegen international anerkannte Besteuerungsgrundsätze. «Frankreich hätte so die Möglichkeit, Erbschaften zu besteuern, die in keiner Verbindung zu seinem Staatsgebiet stehen.» Widmer-Schlumpf erklärte demgegenüber, der Vertrag entspreche dem einschlägigen OECD-Musterabkommen und sei insofern «nichts Neues».
Support bekam Widmer-Schlumpf von den Grünen. «Die Schweiz kann Frankreich nicht vorschreiben, ob und wie es Erbschaften besteuern will», sagte Louis Schelbert (gps., Luzern). Die Grünen hoffen zudem, dass das Abkommen mit Frankreich (das Erbschaften zum Teil zu Sätzen von 45 Prozent besteuert) die Volksinitiative für eine Erbschaftssteuer beflügeln könnte. «Möglicherweise ist ein guter Teil des Widerstands gegen dieses Abkommens genau darauf zurückzuführen», mutmasste Schelbert. Auch die SP findet es grundsätzlich positiv, wenn Erbschaften besteuert werden, wie Jacques-André Maire (sp., Neuenburg) ausführte. Die SP wollte deshalb auf das Abkommen eintreten, es aber zur Nachverhandlung an den Bundesrat zurückweisen.
Immer nur nachgeben
Mit seinem klarem Votum wollte das Parlament auch ein Signal aussenden, das über die konkrete Vorlage hinausgeht. Dominique de Buman (cvp., Freiburg) brachte dies auf den Punkt, indem er sagte, man habe einfach das Gefühl, dass die Schweiz immer nur gebe und nie etwas erhalte. Sei es bei der Erbschaftssteuer, sei es bei der Pauschalbesteuerung oder bei der von der Schweiz gewünschten Lösung für französische Schwarzgelder auf Schweizer Banken - überall gebe es «nur Konzessionen in einer Richtung». Quasi das Tüpfelchen auf dem i sei, so de Buman, dass Frankreich der Schweiz neuerdings auch noch mehrere Dutzend Millionen Franken schulde (NZZ 06.12.13).
Mit seinem klarem Votum wollte das Parlament auch ein Signal aussenden, das über die konkrete Vorlage hinausgeht. Dominique de Buman (cvp., Freiburg) brachte dies auf den Punkt, indem er sagte, man habe einfach das Gefühl, dass die Schweiz immer nur gebe und nie etwas erhalte. Sei es bei der Erbschaftssteuer, sei es bei der Pauschalbesteuerung oder bei der von der Schweiz gewünschten Lösung für französische Schwarzgelder auf Schweizer Banken - überall gebe es «nur Konzessionen in einer Richtung». Quasi das Tüpfelchen auf dem i sei, so de Buman, dass Frankreich der Schweiz neuerdings auch noch mehrere Dutzend Millionen Franken schulde (NZZ 06.12.13).
Demgegenüber gab Widmer-Schlumpf ihrer Hoffnung Ausdruck,
just dieses Erbschaftssteuerabkommen könnte die Beziehungen zwischen Bern und
Paris entspannen. Auch das überzeugte den Rat nicht. Falls der Ständerat in der
Märzsession den Entscheid des Nationalrats bestätigt, ist das Abkommen
definitiv gescheitert.
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