Donnerstag, 10. Oktober 2013

Windparks - Der schwarze Peter statt grüner Strom!!



Windparks Schwarzer Peter statt grüner Strom

"Manager-Magazin", vom 10.10.2013; verfasst von Arne Gottschalck


1. Teil:  
Der Netzbetreiber Tennet sammelt in Schleswig-Holstein Geld bei den Anwohnern einer geplanten Stromtrasse ein. Doch das Interesse der Norddeutschen an der "Bürgeranleihe" ist gering. Und so wird der Schwarze Peter weiter zwischen Unternehmen und Politik hin- und hergeschoben.
Hamburg - Ein Blick Richtung Osten könnte das Unternehmen Tennet neidisch machen. Denn das in Berlin beheimatete Immobilienunternehmen Grand City Properties hat eine Anleihe im Volumen von 100 Millionen Euro platziert. Und die Zeichnung vorzeitig beendet. Davon ist man bei Tennet, einem niederländischen Netzbetreiber, weit entfernt.
Denn im Fall Tennet zaudern die Anleger. Der Plan von des Unternehmens, mit einer Bürgeranleihe den Ausbau einer Stromleitung an der schleswig-holsteinische Westküste mitzufinanzieren, droht fehlzuschlagen. Am 30. August sollte die Zeichnungsfrist der Anleihe enden; doch mangels Interesses wurde sie um einen Monat verlängert. Für Tennet ein weiterer Rückschlag, nachdem das Unternehmen auch zuvor in die Schlagzeilen geraten war, weil es mit der Anbindung von Offshore-Windparks nicht hinterherkam - wie zuletzt im Fall des Windparks Riffgat.
Damit könnte der Ausbau der Windenergie im Norden nun weiter ins Stocken geraten. Auch bei klassischen Investitionen in die Windstrom-Erzeugung kam es zuletzt zum Stillstand. So musste der Windparkbetreiber Wallenborn Adria Wind zuletzt die Platzierung einer Unternehmensanleihe zur Finanzierung eines Windparks in Kroatien abblasen. Bis zum Ende der "Zeichnungsfrist war die Nachfrage bei institutionellen und privaten Investoren nicht groß genug, um die geplante Refinanzierung durchzuführen", sagte Unternehmenschef Hermann Wallenborn. Und denkt seitdem über eine andere Art der Finanzierung nach.
Flaute im Windgeschäft?
Herrscht im Geschäft mit dem Wind allgemein eine Flaute? Dafür mehren sich die Anzeichen. Denn die Energiewende geht offenbar mit mehr Unwägbarkeiten einher als ursprünglich gedacht.
Tennet-Chef Konzernchef Lex Hartman sagte beispielsweise gegenüber Spiegel Online: "Es ist Pionierarbeit. In der Nordsee müssen Windparks mehr als 100 Kilometer vor der Küste mit neuester Gleichstromtechnologie angebunden werden - und zwar alle Projekte gleichzeitig. Dazu brauchen wir 10.000 Tonnen schwere Plattformen, die den Strom umwandeln. Es gibt weltweit nur eine Handvoll Unternehmen, die uns beides liefern können. Und die Plattformen müssen mit Spezialkränen aufs Meer gebracht werden. Wenn man einen der raren Termine für einen solchen Kran bekommt, kann es sein, dass das Wetter nicht mitspielt - und man monatelang warten muss, bis der Kran wiederkommt." Das alles haben auch Großinvestoren zuletzt schon schmerhaft zu spüren bekommen - allen voran die Bank Unicredit, die wegen Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Windpark Bard I hohe Verluste fürchten muss.

Rhoenblicks Einladung zur Unterzeichnung des KEV-Referendums:

Ein Marschhalt zur Besinnung und Positionsbereinigung ist dringend notwendig!
Bitte, unterschreiben auch Sie das Referendum gegen eine Erhöhung der "Kostendeckenden Einspeisevergütung" (KEV) - der schweizerischen Stromsteuer!

Argumentarium:


Unterschriftenbogen:


2. Teil: Die drei Fragezeichen
Damit weist Hartmann auf das erste der Fragezeichen, dem sich Windinvestoren derzeit gegenüber sehen. Es sind die Unternehmen selbst. Deren wirtschaftliche Gesundheit kristallisiert sich in Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen. Werden Vorhaben teurer als geplant, verschlechtert das dieses Bild. Denn Investoren geht es nicht allein um die Vision einer sauberen Umwelt.
"Am Ende des Tages gibt der Anleger dem Unternehmen einen Kredit und ist darauf angewiesen, dass er diesen zurück erhält", erklärt der Kölner Vermögensverwalter Markus Zschaber. "Es ist eine unternehmerische Beteiligung, die mit allen Risiken, aber natürlich auch Chancen verbunden ist. Der Anleger muss sich bewusst sein, dass die Anleihe nur an die Börse zurück verkauft werden kann und dort wird der Preis gestellt, abhängig von der Attraktivität."
Sieht es bereits vor Platzierung so aus, als käme es zu Problemen, scheut der Anleger zurück. Und genau das scheint der Fall zu sein. Denn bereits 2011 hat Tennet vor Problemen bei der Anbindung von Offshore-Windparks gewarnt - per Brief an die deutsche Bundesregierung, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Es gebe, so heißt es, "massive Probleme bei der Beschaffung des notwendigen Kapitals". Und weiter rät das Unternehmen, die Finanzierungslast auf mehr Schultern zu verteilen. Dieses Umfeld könnte auch die Lust der Bürger in Schleswig-Holstein auf die Bürgeranleihe gedämpft haben - sie fragen sich, ob sie ihr Geld einem Unternehmen geben wollen, das mit solchen Probleme ringt.
Politik als zweites Fragezeichen
Fragezeichen zwei, die Politik. Zum einen die auf europäischer Ebene - wie wird Strom aus erneuerbaren Quellen weiterhin gefördert werden? Zum anderen die Entscheidungen auf deutscher Ebene. Schließlich waren es Deutschlands Politiker, die die Energiewende als Konsequenz aus dem Unfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima beschlossen. Die Finanzierung indes scheint dabei weniger Gegenstand von Überlegungen gewesen zu sein, sonst würden die skizzierten Probleme nicht auftreten.
Besonders pikant ist dabei die Tatsache, dass Tennet zu 100 Prozent dem Staat Niederlande gehört, ökonomische Überlegungen also eng mit politischen Erwägungen verwoben sein dürften. Nicht zuletzt deswegen wird Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler im Sommer vergangenen Jahres in die Niederlande gereist sein. Doch offenbar zeigte der Besuch keine Wirkung.
Tennet ist dabei einer von vier Netzbetreibern in Deutschland und plant allein hierzulande die Anbindung von elf Offshore- und fünfzehn Onshore-Projekten. Zwar hat das Unternehmen erst im Januar diesen Jahres Mitsubishi Corporation als Investor gewinnen können - doch eben nicht für die Riffgat-Strecke. Kein Wunder also, wenn Ideen wie die Bürgeranleihe auftauchen. Und das führt zu Fragezeichen drei.
Drittes Fragezeichen: Der Anleger
Denn auch der Anleger muss mitspielen. Grundsätzlich tut er das im Fall der Windkraft. "Einen Rückzug der Anleger vom Thema Wind nehme ich nicht wahr", berichtet Ingo Grabowsky. Er ist Vertriebschef bei Lacuna, die offene und geschlossene Fonds unter anderem eben auch Windräder verkaufen. "Im Gegenteil, wir konnten unsere Fonds zuletzt schnell platzieren." In Deutschland ist es inzwischen sogar schwierig, geeignete Standorte für Windparks zu finden.
"Institutionelle Investoren legen dort gern als Direktinvestment an", so Grabowsky. Auch die Idee einer Bürgerbeteiligung muss nicht scheitern. "Das kann funktionieren, das zeigt unser Fonds Trogen 2 - dort haben wir ein Großteil der Gelder von den Anwohnern bekommen." Versucht hat Tennet es redlich: Das Unternehmen hat 160.000 Haushalte angeschrieben und Schützenhilfe von Umweltminister Peter Altmaier erhalten, der gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Philippp Rösler die Bedeutung solcher Beteiligungen unterstrich.
160.000 Haushalte wurden angeschrieben - 250 haben gezeichnet
Doch die Skepsis der Menschen wurde offenbar dennoch nicht ausgeräumt. Nur 1500 Haushalte haben Unterlagen angefordert, 250 die Anleihe gezeichnet, hieß es Anfang August. Kritik der Verbraucherschützer an der Ausgestaltung der Anleihe, der 5-prozentigen Verzinsung nach Baubeginn und einer unendlichen Laufzeit weist Tennet zurück: "Wir sind ein solider Netzbetreiber mit dem niederländischen Staat im Hintergrund und arbeiten in einem regulierten Umfeld", sagt Sprecherin Ulrike Hörchens. "Letzteres hat Auswirkungen auf den Gestaltungsrahmen einer finanziellen Beteiligung von Bürgern am Netzausbau." Doch auch professionelle Anleger sind skeptisch.
"Mich erinnert die Werbung zu stark an die Telekomaktie und den Vertrauensbonus, den man damals erhalten hat, weil der Tatort-Kommissar Manfred Krug sich für diese vermeintlich gute Aktie einsetzte", sagt Zschaber. "Was daraus geworden ist, sehen die Anleger auch noch 13 Jahre danach, nämlich ein Minus von 90 Prozent. Nun werben Rösler und Altmaier. Ich würde gern wissen, ob einer von beiden in der Lage ist Bilanzen zu lesen."
Für Tennet zumindest ist eines bereits jetzt klar: "Wir werden am Ende des Prozesses alle Information auswerten, die wir gewonnen haben, zum Beispiel auch aus Befragungen der potentiellen Anleger." Denn: Das Ganze, die Bürgeranleihe, ist ein Pilotprojekt. Nicht nur für uns, auch für die Bürger und die Politik."

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