Samstag, 18. November 2017

Emmanuel Macron - La République en marche : Das Ende der großen Euphorie!


Autoritäre Strukturen in der Bewegung „La République en marche“ (LREM), die an das „Ancien Régime“ der absolutistischen Herrscher Frankreichs erinnern.

Quelle: „F.A.Z.“, aktualisiert am Samstag, den 18.11.2017, 13:19 Uhr; von Michaela Wiegel, Paris
  
In der Bewegung "En marche" wächst der Unmut.
Parteimitglieder beklagen autoritäre Strukturen und drohen mit ihrem Austritt.

Bringt ein neuer Parteichef die Wende?

Die politische Bewegung Emmanuel Macrons „La République en marche“ (LREM) bildet eine Ausnahme in der zertrümmerten Parteienlandschaft Frankreichs. Sie verfügt über die größte Fraktion in der Nationalversammlung, über Finanzmittel von 20 Millionen Euro jährlich und über eine stattliche Anhängerkartei mit mehr als 380.000 Namen. Dennoch kämpft die junge Bewegung vor ihrem Parteitag an diesem Samstag in Lyon gegen Proteste und Austrittsankündigungen. Schon die Prozedur zur Bestimmung des neuen LREM-Generaldelegierten gab Anlass zu Verstimmung. So war es Präsident Macron höchstpersönlich, der seinen Regierungssprecher Christophe Castaner zum Chef erwählte.
In Lyon ist jetzt zwar eine Abstimmung per Handzeichen geplant, um Castaner zu legitimieren, aber Gegenkandidaten für den Posten des Vorsitzenden gibt es nicht. Immerhin dürfen die Delegierten nach langem Hin und Her in Lyon darüber befinden, ob sie nicht lieber in geheimer Abstimmung über die Personalie Castaner entscheiden. Das war zunächst nicht vorgesehen. Eine elektronische Urwahl, wie sie beispielsweise die Republikaner am 10. Dezember zur Bestimmung ihres Parteivorsitzenden organisieren, kam aus ungenannten Gründen für LREM nicht in Frage.
In einem Offenen Brief beklagen „100 Demokraten“ „autoritäre Strukturen in der Bewegung, die an das „Ancien Régime“ der absolutistischen Herrscher Frankreichs erinnerten. Der basisdemokratische Erneuerungsgeist ist seit den Parlamentswahlen einer „Herrschaft der Eliten“ gewichen“, kritisierten die namentlich nicht genannten Unterzeichner. Alles werde in Paris entschieden, der Zentralismus sei unerträglich. Vorgeblich sollen unter den „100 Demokraten“ etliche Lokalgrößen der Bewegung sein. Der LREM-Abgeordnete Laurent Saint-Martin sagte: „Unsere Partei ist in einem depressiven Zustand“. Der ehemalige Sprecher von En marche, Arnaud Leroy, äußerte sich besorgt über die mangelnde Dynamik an der Basis. „Die Zahl der aktiven Mitglieder ist stark rückläufig“, sagte er.
Die frühere Umweltministerin Corinne Lepage, die dem Führungsgremium „politisches Komitee“ angehörte, veröffentlichte ein Buch mit dem vielsagenden Titel „Am Ende des Vertrauens“ („Au bout de la confiance“). Die Bürgerbewegung sei innerhalb kürzester Zeit in eine zentralistisch verwaltete Partei umgewandelt worden, beklagte Lepage. „Das ist keine neue Parteienwelt mehr, sondern eine vorsintflutliche“, sagte Lepage. Alle kritischen Gegenkräfte seien systematisch mundtot gemacht worden. „Es heißt nicht mehr bottom-up, sondern nur noch top-down“, mokierte sich Lepage.

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